Nominierte für den GLAUSER-Preis 2025 in der Kategorie "Kurzkrimi"

Der oder die PreisträgerIn 2025 wird am Samstag, den 12. April 2025, im Rahmen der CRIMINALE in Schwetzingen verkündet und geehrt.
Nominierte für den GLAUSER-Preis 2025 in der Kategorie "Kurzkrimi":
(in alphabetischer Reihenfolge)
Isabella Archan: Fröndenberger Fäden. In: Verbrechen nebenan. Mord am Hellweg XI. (Grafit)
Elsa Dix: Eiswellen. In: Du stirbst nicht nur zur Sommerzeit. (HarperCollins)
Rita Janaczek: : 7 Minuten vor Mitternacht. (Machandel)
Christiane Nitsche-Costa alias C. N. Costa: Endlich vegan. In: Strandkorb, Mord & Sonnenbrand: Krimis von der Küste. (Kellner)
Su Turhan: Rot wie Blut. In: Myrrhe, Mord und Marzipan. (Droemer-Knaur)
Isabella Archan (Foto © C. Assaf)
Fröndenberger Fäden.
In: Verbrechen nebenan. Mord am Hellweg XI. (Grafit)
„Sie versuchte, die Gedanken einzufädeln. Doch jeder Faden, den sie sich imaginierte, rutschte am Nadelöhr der Gegenwart vorbei.“ Mit diesen Worten beginnt eine Geschichte, die von einer alten Frau, einem Taxifahrer und einer Stadt erzählt.
Einer Frau, die einen Plan hat, sorgfältig notiert auf einem Zettel.
Einem Taxifahrer, der ein dunkles Geheimnis hat, oder vielleicht auch nicht, und einer Stadt mit Orten der Erinnerung. Getrieben von dem Wunsch, nicht zu vergessen, irrt die alte Frau durch diese Stadt. Es ist ein Abschied in Raten. Doch da ist noch die eine Aufgabe, die sie zu erfüllen hat. Auge um Auge. Zahn um Zahn. Leben um Leben.
Isabella Archan erzählt eine klassische Rachegeschichte, doch mit ihrer Erzählsprache, die ganz auf die Erlebniswelt der Protagonistin fokussiert, und Bildern, die so beiläufig wie Margeritenstiche entstehen, gelingt es ihr, den Leser in die fragmentierte Wirklichkeit der alten Frau hineinzuziehen, die nur noch eins will: Rache! Und dann loslassen!
Elsa Dix (Foto © Meike Reiners)
Eiswellen.
In: Du stirbst nicht nur zur Sommerzeit. (HarperCollins)
Sommer 1968. Eher widerwillig verbringt Student Wolfgang einige Urlaubswochen auf Norderney. Dort entdeckt er Gesa, ein junges Mädchen von der Insel. Er beobachtet sie, spricht sie schließlich an. Sie weist ihn höflich ab. Daraufhin entwickelt er eine Obsession für sie, die zum konkreten Mordplan wird. Am Ende sieht Gesa nur noch einen Ausweg sich zu befreien. An einem kalten Wintermorgen führt sie ihn ins Watt, aus dem nur einer von ihnen zurückkehren wird.
Mit kühler Sprache schafft Elsa Dix in ihrem Kurzkrimi „Eiswellen“ eine karge Inselwelt, die sich bis in das Innenleben der Figuren erstreckt. Mit ihren reduzierten, niemals überfrachteten Sätzen schafft sie Bilder von hoher atmosphärischer Dichte, die uns mit kalter Wucht treffen und berühren. Auch wenn die Handlung – Mann stalkt Frau, die sich schließlich notgedrungen zur Wehr setzt – im ersten Augenblick althergebracht wirkt, so ist es doch gerade das elegante Unspektakuläre, das die Gesamtkomposition so stimmig macht.
Rita Janaczek (Foto © Studio Almishots)
7 Minuten vor Mitternacht. (Machandel)
In der Familie ihrer besten Freundin läuft alles beneidenswert normal, die darf sich austoben – Selina hingegen nicht. Selina gibt auf ihren kleinen Bruder acht, Selina hilft ihre Mutter, Selina hilft allen, die Hilfe benötigen. Das sich um andere Kümmern hilft ihr nämlich ungemein zu vergessen, wie normal einst auch ihr Leben gewesen ist - bevor ihr Vater Selbstmord verübt hat. Bevor Mamas neuer Freund eingezogen ist und mit ihm Gewalt. Selina versucht, ihrer Mutter beizustehen, aber sie scheitert. Trotzdem ist sie wild entschlossen ihre Familie zu retten.
In ihrer dialogreichen Geschichte zeichnet Rita Janaczek das zerbrechliche Wesen einer Jugendlichen nach, die durch die Tragik ihrer Familiengeschichte viel zu früh erwachsen werden musste. Allmählich das Spannungspotenzial steigernd, lässt die Autorin uns Selinas Ausweglosigkeit szenenstark aufgebaut nachspüren, bis wir gedanklich mit Selina gemeinsam hinter der Tür zum Kinderzimmer stehen und uns entscheiden müssen: Jetzt oder nie.
Christiane Nitsche-Costa alias C. N. Costa (Foto © Danyel André)
Endlich vegan.
In: Strandkorb, Mord & Sonnenbrand: Krimis von der Küste. (Kellner)
Ein Paar begibt sich auf eine Wanderung in den Salzwiesen Borkums. Es ist Herbst, kurz vor Saisonende, wenn die Inseltouristen allmählich ausbleiben und Ruhe einkehrt. Onno ist überzeugter Veganer und Tierschützer, Gesa engagierte Naturschützerin. Auf ihrem Weg finden sie einen toten Hund. Offenbar wurde er in Wut erschlagen. Weitere Rätsel geben ihnen ein fehlender Knüppel und eine tot aufgefundene Frau auf.
Eingebettet in die Ruhe und Weite der herbstlich kühlen Landschaft wird die anfängliche Ahnung nach und nach zur schrecklichen Gewissheit: Ein grausiges Verbrechen hat stattgefunden. Geschickt komponiert die Autorin die sich zunehmend verdichtende Spannungen, hier Onnos Insistieren, den Tod des Hundes aufzuklären, dort Gesas Beschwichtigungsversuche, hier seine Ahnungslosigkeit, dort ihre Schuld. Die Sprache ist kühl, fast beiläufig, was die stetig wachsende Unruhe des Lesers noch verstärkt.
Eine originelle Geschichte mit überraschendem Finale und ein stimmiger Lokalkrimi.
Su Turhan (Foto © Regina Recht)
Rot wie Blut
In: Myrrhe, Mord und Marzipan. (Droemer-Knaur)
Ein Polizist versieht als Schülerlotse am Münchner Nockherberg seinen Dienst. Er, der selbst durch einen Unfall ein Bein verloren hat, kümmert sich um die ihm anvertrauten Kinder, gerne lassen sie ihn an ihrem Alltag teilhaben. Eines Morgens ist er einen Moment unaufmerksam: Eine Blutlache bildet sich dort auf dem Asphalt, wo er hätte aufpassen sollen. Er zieht die Warnweste aus und fasst einen einsamen Entschluss.
Su Turhan hat eine die Grenze des Genres Kriminalliteratur ausreizende Weihnachtsgeschichte über Schicksalsschläge und den Umgang mit ihnen geschrieben, sensibel behandelt er die Themen Trauer, Mord und Selbstmord. Obwohl wir nicht einmal seinen Vornamen kennen, sind wir als Lesende ganz nah dran an dem empathischen Protagonisten, leiden und hoffen mit ihm. „Rot wie Blut“ benötigt keinen Antagonisten, um Spannung zu erzeugen. Sie überzeugt mit lebensechten Dialogen, Warmherzigkeit – und einer überraschenden Auflösung, die uns zufrieden auf das Gelesene zurückschauen lässt.
Für den GLAUSER, den Autorenpreis deutscher Kriminalliteratur 2025, konnten bis zum 30. November 2024 deutschsprachige Kurzkrimis von AutorInnen eingereicht werden, deren Erscheinungstermin zwischen Dezember 2023 und November 2024 lag (Originalausgaben).
(Die Aussschreibung für das Jahr 2026 finden Sie hier)
Die PreisträgerInnen der Vorjahre finden Sie hier.
Preisträgerin des GLAUSER 2024 in der Kategorie Kurzkrimi

Der GLAUSER-Preis 2024 in der Kategorie "Kurzkrimi" geht an Franziska Henze. Die Auszeichnung wurde am Samstag, den 18. Mai 2024, in einer großen Gala im Rahmen der CRIMINALE in Hannover verliehen. Der Preis ist mit 1.000 Euro in bar in nicht fortlaufend nummerierten Scheinen dotiert.
PREISTRÄGERIN DES GLAUSER 2024 in der Kategorie "Kurzkrimi":
Franziska Henze: Grenzerfahrung. In: Tatort Nord 2 - Urlaubskrimis von Helgoland bis Usedom (HarperCollins)
Franziska Henze (Foto © Roman Henze)
Grenzerfahrung
In: Tatort Nord 2 - Urlaubskrimis von Helgoland bis Usedom (HarperCollins)
Eine Frau checkt in genau dem Ostsee-Hotel ein, in dem sie vor über 30 Jahren auf der Flucht aus der DDR gestrandet ist.
Ein junger Mann hadert nicht nur mit seiner Kindheit in Ost- Waisenhäusern, sondern auch mit seinem Hotel-Job. Als er realisiert, wer da plötzlich an der Rezeption steht, ändert sich alles. Eine dramatische Entwicklung findet ihren Höhepunkt auf dem Wasser und mündet in einem tragischen Ende.
Dank Franziska Henzes geschickter Perspektivführung sehen wir hilflos zu, wie sich zwei Leben aufeinander zubewegen. Ihr Schicksal ist eng verknüpft, beide fühlen sich betrogen, beide haben ihre eigene Wahrheit über das, was sich in der Vergangenheit zugetragen hat. Je bedrohlicher sich die Situation zuspitzt, desto mehr werden wir hineingezogen in einen Sog aus Hoffen und Bangen.
Außerdem nominiert waren:
Rita M. Janaczek: Gabriel und die Frau in Schwarz. In: Gabriel und die Frau in Schwarz (Machandel)
Christian Kuhn alias Fynn Jacob: Pakjesavond, Tatort: Amsterdam. In: Tatort Weihnachten - Weihnachtskrimis mit Rezepten (Penguin Random House)
Sunil Mann: Old School. In: MordsSchweiz 2 (Gmeiner)
Roland Spranger: Malaise. In: Jugendstil und Heinerblut - Kriminelle Geschichten aus Darmstadt (KBV)
Die PreisträgerInnen der Vorjahre finden Sie hier.
Preisträgerin des GLAUSER 2023 in der Kategorie "Kurzkrimi"
Die Preisträgerin 2023 wurde am Samstag, den 13. Mai 2023, im Rahmen der Criminale in Darmstadt verkündet und geehrt.
Preisträgerin des GLAUSER 2023 in der Kategorie "Kurzkrimi":
Christiane Dieckerhoff mit Bescherkind in: Wichtel, Wunder, Weihnachtmord. 24 Weihnachtskrimis von Kiel bis Wien
Christiane Dieckerhoff
(Foto © Ilona Voss)
Bescherkind
In: Wichtel, Wunder, Weihnachtmord. 24 Weihnachtskrimis von Kiel bis Wien (Knaur)
In einer kalten Winternacht kehrt die namenlose Protagonistin in ihr Heimatdorf Leipe in Brandenburg, zurück. Es ist eine melancholische Reise in die Vergangenheit, die von verlorener Liebe, geplatzten Träumen, Wiedervereinigung und einem Jugenddrama berichtet.
Die facettenreiche Welt von "Bescherkind" wirkt gelebt, alle Handlungsstränge sind perfekt miteinander verwoben. Ein Text so feinfühlig, so subtil und emotional wuchtig zugleich, dass er an Feinstofflichkeit grenzt und selbst steinerne Herzen zu erweichen vermag. Christiane Dieckerhoff ist nicht nur ein emotional packender Kurzkrimi, sondern auch eine moderne Liebesgeschichte ganz im Geiste der Weihnacht gelungen.
Außerdem nominiert waren:
- Thomas Kastura: Der Pakt. In: Wichtel, Wunder, Weihnachtmord. 24 Weihnachtskrimis von Kiel bis Wien
- Erwin Kohl: Braune Nächte. In: Schaurige Orte am Niederrhein. Unheimliche Geschichten.
- Günter Neuwirth: Die alte Rassel, seine gute Pumpe. In: Einmal kurz die Welt retten. Krimis.
- Elke Pistor: Venn. In: Tatort Eifel 8. Kriminelle Kurzgeschichten
In der "Kurzkrimi"-Jury für den GLAUSER 2023 waren: Raoul Biltgen, Mike Mateescu, Christiane Antons, Michael Thode und Andrea Nagele, Marlies Ferber (Juryorganisation).
(Die Aussschreibungen für das Jahr 2024 finden Sie hier.)
Thomas Kastura (Foto © Cornelia Daig-Kastura)
Der Pakt
In: Wichtel, Wunder, Weihnachtmord. 24 Weihnachtskrimis von Kiel bis Wien (Knaur)
Lennart steht als Kriegsheimkehrer auf der falschen, nämlich der Verliererseite. Das wissen seine früheren Nachbarn zu nutzen, denn sie wollen sich sein Hab und Gut und Land unter den Nagel reißen. Dafür muss Lennart sterben. Das weiß er, er wartet auf sie, die ihn ermorden wollen. Und er erfährt in letzter Minute Hilfe, von wo er sie am wenigsten erwartet hätte.
Thomas Kastura wirft diese zeitlos moderne Geschichte in den historischen Kontext des Jahres 1631 und erzählt in einer faszinierend präzisen Sprache von den letzten bangen Stunden eines Menschen, der sich seinem Schicksal ergeben hat. Das alleine ergibt schon einen hervorragenden, emotional mitreißenden Text. Kastura gelingen gleich mehrere Twists, die jeweils so konsequent durchgezogen werden, dass man nicht umhin kann, ihnen bis zum vielleicht überraschendsten aller möglichen Enden zu folgen. Ein außergewöhnlicher Krimi, und ein außergewöhnlich guter.
Erwin Kohl (Foto © Kohl)
Braune Nächte
In: Schaurige Orte am Niederrhein. Unheimliche Geschichten. (Gmeiner)
Der 15-jährige Gottfried Kiwitt wird 1944 von den Nazis eingezogen. Während eines Bombenangriffs verlässt er seine Einheit und sucht Schutz im Bunker bei seiner Mutter und den Schwestern. Von da an verkleidet er sich als Mädchen, um vor den Nazis sicher zu sein. Doch kurz vor Kriegsende droht eine Nachbarin, Gottfried zu verraten...
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Eingebettet in eine Rahmenhandlung, die in der Gegenwart spielt, erzählt Erwin Kohl einfühlsam die Geschichte einer Mutter und ihres Sohnes, die in einem diktatorischen Regime ums Überleben kämpfen. Dabei führt der Autor beeindruckend plastisch und nachempfindbar vor Augen, welche menschenverachtenden Dynamiken in einer von Rassenwahn und rechter Ideologie geprägten Gesellschaft entstehen. Es gibt kein richtiges Leben im falschen, sagt Adorno, und Erwin Kohl zeigt dies eindringlich: Seine Figuren sind gezwungen, schwere Schuld auf sich laden, selbst wenn sie moralisch richtig handeln. Eine Geschichte, die nachhallt!
Günter Neuwirth (Foto © Kurt Lhotzky )
Die alte Rassel, seine gute Pumpe
In: Einmal kurz die Welt retten. Krimis. (Gmeiner)
"Die alte Rassel, seine gute Pumpe" zieht die Leser:innen mit magischer Hand in ein Setting, in dem die Apokalypse nicht weit entfernt scheint. Windhosen wehen über verdorrtes Land, Nahrungsmittel sind knapp und fossile Brennstoffe verbraucht. In dieser lebensfeindlichen Welt hockt Guido von frühmorgens bis spätabends in seinem Tankstellenhäuschen. Kunden hat er lange nicht gesehen.
Eines Tages erscheinen drei Autos am Horizont - der Auftakt für eine mitreißende Handlung, die Guidos Leben einen ganz neuen Impuls geben wird.
Diese absurde und groteske Dystopie zieht die Leser:innen vom ersten Satz an in ihren Bann. Unkonventionell, konsequent und mit einem eigenen Sprachstil erzählt Günter Neuwirth eine Geschichte, die lange nachklingt.
Elke Pistor ( Foto © Maigut Fotografie)
Venn
In: Tatort Eifel 8. Kriminelle Kurzgeschichten (KBV)
"Ein Klischee ist deswegen ein Klischee, weil es schmerzhaft oft der Wahrheit entspricht."
Elke Pistor erzählt die Geschichte zweier Welten, und die von einer Freundschaft, die durch den Schrecken des Nine Eleven verbunden und nur durch den Tod zu trennen ist. Die menschlichen Abgründe, angesiedelt in einer betörend beschriebenen Landschaft, bleiben vorerst im diffusen Licht des umgebenden Moores verborgen.
Bedeutungslos die Skizze an der Oberfläche, verstörend das nur schwer Erfassbare.
Der Sog, in den einen die Erzählung zieht, erinnert an den dunklen Sumpf, in dem man zu versinken droht: eine eindringliche, tief berührende Kurzgeschichte, der sich die LeserInnen nicht entziehen können.
Für den GLAUSER-Preis, den Autorenpreis deutsche Kriminalliteratur 2023, konnten bis zum 30. November 2022 deutschsprachige Kriminalromane von Verlagen eingereicht werden, deren Erscheinungstermin zwischen Dezember 2021 und November 2022 lag (Originalausgaben).
Jury:
Raoul Biltgen, Mike Mateescu, Christiane Antons, Michael Thode und Andrea Nagele, Marlies Ferber (Juryorganisation)
(Die Aussschreibungen für das Jahr 2024 finden Sie hier.)
Die PreisträgerInnen der Vorjahre finden Sie hier.