Der GLAUSER-Preis in der Sparte "Kurzkrimi" ist dotiert mit 1.000 Euro für die beste deutschsprachige Krimikurzgeschichte des vergangenen Jahres.
Die Preisträgerin 2022 wurde am Samstag, den 21. Mai 2022, bei der großen Gala der CRIMINALE 2022 in Iserlohn gefeiert.
Die Ausschreibungen für das Jahr 2023 finden Sie hier !
Preisträgerin des GLAUSER 2022 in der Kategorie "Kurzkrimi":
Kathrin Heinrichs mit "Freier Fall" in: Im Mordfall Iserlohn
Kathrin Heinrichs (Foto: © Sarah Koska)
"Freier Fall"
In: Im Mordfall Iserlohn
Die Jury ist sich einig. Und was man meistens bei solchen Gelegenheiten am Ende sagt, das sage ich jetzt mal am Anfang: „Freier Fall“ ist eine ganz großartige Geschichte.
Wer Kathrin Heinrichs kennt, der weiß es: Ihre Geschichten sind oft heiterer Natur. Einer der ersten Sätze, der mir beim Lesen sofort ins Auge gesprungen ist, lautet: „Luisa hat Geowissenschaften studiert – ein brotloses Fach.“ Das stimmt. Das hat mir gefallen. Ich bin Geograf. Genau wie Luisa habe ich mir damals nichts sagen lassen.
Aber „Freier Fall“ ist keine heitere Geschichte.
Luisas Mutter ist tot. Brustkrebs. Luisa und ihr Vater sind allein. „Nicht allein“, sagt Luisa. „Wir sind ein Team.“
Luisa hat kastanienbraunes Haar und smaragdgrüne Augen. Sie ist 18 Jahre alt.
Als ihr Vater sie zum letzten Mal sieht, sind ihre Augen geschlossen, das Haar ist blutverklebt. Sie liegt in der Rechtsmedizin. Das Auto, aus dem ihre Leiche geborgen wurde, hat ihr Vater ihr geschenkt, damit sie sicher zur Universität und wieder zurück nach Hause kam. Er will sie beschützen. Doch ein Gullydeckel, von einer Autobahnbrücke geworfen, hat sie getötet.
Die Polizei versucht alles, um den Täter zu finden. Sagt sie. Aber sie erreicht nichts. Und weil die Polizei den Täter nicht findet, macht der Vater sich allein auf die Suche. Am Ende hat er Erfolg. Glaubt er.
Kathrin Heinrichs stellt die Handlung aus zwei verschiedenen Blickwinkeln dar. Was Luisa gedacht haben mag, erfahren wir über ihren Vater. Was wir über den Mörder wissen, erfahren wir über den Mittäter. Entscheidend ist nicht die eigentliche Aktion, sondern der Weg dorthin und die Folgen für alle Beteiligten. Und die sind anders, als der Leser erwartet. Ganz anders.
Am Ende meiner Betrachtungen steht der fatale Gullydeckel.
Ich setze mich an den Computer, gebe bei der Google-Suche „Gullydeckel“ ein und werde sofort fündig. Da wird ein Gullydeckel von Privat für 75 Euro angeboten. Der Anbieter wohnt obendrein in einem Ort, in dem schon einmal ein Gullydeckel-Werfer in Erscheinung getreten ist. Ist dies nun vielleicht der reuige Sünder, der seinen zweiten Deckel nach Jahren des Abwartens jetzt endlich abstoßen will? Oder ist es ein Nachahmungstäter, der sich am Ende nicht getraut hat? Wünschenswert wäre es.
Allerdings bleibt auch die andere Seite. Das Objekt ist bereits verkauft. Wer kauft einen Gullydeckel für 75 Euro? Vielleicht werden wir es aus der Zeitung erfahren. Hoffentlich nicht. Aber die Gullydeckel und ihre potentiellen Werfer sind unter uns. Immer.
Außerden nominiert waren:
- Peter Godazgar: "In der Werkstatt" In: Im Mordfall Iserlohn
- Julia Hofelich : "Täter" In: Schwabens Abgründe
- Thomas Kastura : "Wilderer" In: Mordsmäßig Münchnerisch 3
- Stephan Pörtner: "Züribieter Wandervögel" In: MordsSchweiz
Jury:
In der "Kurzkrimi"-Jury für den GLAUSER 2022 waren: Sunil Mann, Jürgen Ehlers, Ursula Sternberg, Gina Greifenstein, Klaas Kroon
Fenna Williams (Juryorganisation).
Die Ausschreibungen für das Jahr 2023 finden Sie hier !