Küstendämmerung
Petra Tessendorf

Emons Verlag Köln

384 Seiten

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ISBN 978-3-7408-0824-2

13,– € [D], SFr. 0,– [CH], 0,– € [A]

Eigentlich wollte Kommissar Paul Lupin nur ein paar Tage bei seinem Vater Johann verbringen, um zu schauen, ob der noch alleine zurechtkommt. Doch dann trifft er auf Edgar, den etwas beim nächtlichen Wildern im Wald zutiefst verstört hat. Kurz darauf findet Paul dessen Leiche und der Jagdaufseher verschwindet.

Paul, der sich sowieso schon mit dem Altersstarrsinn seines eigenbrötlerischen Vaters herumschlägt, muss jetzt auch noch verhindern, dass dieser seine Nase zu tief in die mysteriösen Vorgänge steckt, die in seinem Dorf vor sich gehen. Johann will nämlich das Durcheinander nutzen, das durch die Morde entstanden ist, um mit den verschlossenen Einheimischen in Kontakt zu kommen.

Die beiden sind sich nur in einer Sache einig: Die Ereignisse hängen mit der Rückkehr des Malers Adri Holland zusammen. Der gehörte, wie auch der verschwundene Jagdaufseher, zum Freundeskreis der Thomsen-Brüder. Adligen Gutsbesitzern, bei deren Feier zur Sommersonnenwende an der Steilküste ein Mädchen verschwand.

Paul und Johann freunden sich mit dem Heimkehrer an, doch bald überkommen die beiden Zweifel, denn irgendetwas stimmt nicht mit ihrem neuen Nachbarn …

 

»Er hatte die feuchtkalten Nebel vermisst,
die langen dunklen Nächte,
in denen die Geister der See
den Raureif an die Fenster hauchten

 

Petra Tessendorf

© Foto: Jenny Marquart

Petra Tessendorf

arbeitete als Journalistin u.a. für die Tageszeitung Rheinische Post. Nach ihrem Romandebüt Der Wald steht schwarz und schweiget folgten viele Kurzgeschichten.
2020 bildete Küstendämmerung den Auftakt einer Küsten-Krimi-Reihe um Kommissar Paul Lupin und seinen kauzigen Vater Johann.

Homepage Petra Tessendorf

Küstendämmerung ist die Empfehlung der Woche der SYNDIKATs-Redaktion vom 1. Juni - 7.6. 2020 

Rezensionen

"Die Autorin erschafft auf wunderbare Art einen Mikrokosmos mit all den sympathisch-verschrobenen Charakteren, die das Landleben prägen. Wunderbare Lektüre, die lange nachwirkt. Absolut lesenswert!"

szeneluebeck.de

Einige Fragen der Syndikatsredaktion an die Autorin Petra Tessendorf

Wo schreibst du am liebsten? 

Schreibtisch, Sofa, Garten, Wartezimmer …

Welches ist dein Lieblingskrimi? 

Kim Novak badete nie im See von Genezareth, Håkan Nesser 

Dein Lieblingswort?

Unsinn

Dein Sehnsuchtsort? 

Das Meer

Wo findest du Ruhe? 

Im Bett

Wo Aufregung? 

Außerhalb des Bettes

Deine persönlich meist gehasste Frage? 

Brauchst du noch lange?

Achtung Gewinnspiel!

Verlost werden drei Bücher von "Küstendämmerung" von Petra Tessendorf

Die Gewinnfrage lautet:

„In welchem fiktiven Dorf spielt Küstendämmerung?"

Mail mit der Antwort bis 7.6.2020 hierhin.

Leseprobe

 Prolog

Steilküste am Eitz, Mittsommer

Der Pfeil schoss durch die Luft, schnell wie ein Gedanke, und traf den Bock in die Seite. Er machte einen Satz nach oben, lief einige Meter in die Lichtung hinein, taumelte, dann knickten ihm die Beine weg. Die anderen Tiere ästen in aller Seelenruhe weiter. Schenkten dem Tod ihres Artgenossen keine Beachtung. Kurz darauf lösten sich, ebenso lautlos, wie der Pfeil durch die Nacht gejagt war, mehrere Schatten aus dem Dickicht und bewegten sich auf die Beute zu. Sie bildeten einen Kreis um das tote Tier, das sein Leben für sie gelassen hatte. Einer von ihnen summte eine monotone Melodie wie ein Schamanengesang in einer uralten Sprache. Dann sanken sie langsam zu Boden.

    Konstantin wetzte sein neues Messer, das sein Bruder ihm geschenkt hatte, denn heute war sein achtzehnter Geburtstag. Sanft wie ein Federstrich glitt es über die Bauchdecke und öffnete sie. Der Pfeil hatte beide Lungenflügel durchtrennt, helles, schaumiges Blut lief aus dem Maul. Innerhalb kurzer Zeit war der Rehbock aufgebrochen, die Eingeweide lagen wie dunkle nasse Lappen auf dem Waldboden.

    Eigentlich wollten sie Konstantins Geburtstag, der mit der Sommersonnenwende zusammenfiel, zu viert feiern. Die Brüder Konstantin und Felix von Thomsen und ihre Freunde Niels Raven und Adri Holland. Doch Felix hatte Maria Liebe mitgebracht, die Tochter der Hirschfänger-Wirtsleute. Niels hatte Felix einen Vogel gezeigt und gesagt, dass es wieder nur Ärger gäbe, wenn das ihr Vater spitzkriegen würde. Hauke Liebe war nämlich der Ansicht, dass sich seine sechzehnjährige Tochter nicht mit diesen verwahrlosten Typen im Wald herumzutreiben habe. Noch dazu als einziges Mädchen. Aber Maria hatte unbedingt mitkommen wollen. Felix hatte sie abgeholt, heimlich natürlich.

    Es war eine warme und windstille Nacht. Sie saßen an der äußersten Spitze des Kliffs, den lichten Wald im Rücken, die weite See vor sich. Ein oranger Streifen Licht lag am Horizont zwischen Meer und Himmel, der bis zum Morgengrauen nicht weichen sollte. Der Mond war eigentlich überflüssig, so hell war es. Es hatte beinahe etwas Hochmütiges, wie er da oben stand und die See funkeln ließ. Als wären alle Sterne herabgefallen, um sich auf der wogenden Oberfläche treiben zu lassen.

    Konstantin war noch bei dem erlegten Wild. Er hatte sich gewünscht, das Horn füllen zu dürfen. Heute war seine Nacht. Dass sein Geburtstag mit der Sommersonnenwende zusammenfiel, war für ihn ein Zeichen, das ihm der Wagriengott Prove gesandt hatte. Ihn galt es zu ehren, seine Kraft wollte Konstantin heraufbeschwören und anzapfen. Wenn der Morgen graute, würden sie alle gemeinsam das tote Tier als Opfergabe an den Strand bringen, um es auf die lange Reise zu schicken. Das Boot und die vielen Blumen lagen schon bereit. Den ganzen Tag lang war Maria über die Wiesen gestreift und hatte die schönsten Blumen gesammelt. Überhaupt hatten sich alle lange auf diese Nacht vorbereitet. Hatten sich wochenlang nicht mit Seife gewaschen, damit die Tiere sie nicht wittern würden. Das gab ihnen noch mehr das Gefühl, eins mit ihnen zu sein. Denn Prove war überall, im Blut der Tiere, den Blumen, den Pilzen.

    Adri hatte ein paar Flaschen gelben Aquavit aus Dänemark besorgt, von denen zwei schon leer waren. Den größten Teil hatten sie getrunken. Den Rest des mit Kümmel, Dillsamen, Zimt und Nelken verfeinerten Aquavits hatten sie für die Zubereitung des Zaubertranks benutzt, einer Art Soma, den Konstantin nach eigenem Rezept zubereitet hatte. Dazu brauchte er neben zerriebenen Pilzen und anderen geheimen Zutaten auch die Pisse eines Rentieres, das zuvor Fliegenpilze gefressen hatte. Um an diese wertvolle Ingredienz zu gelangen, hatte er extra einige Monate auf einer Rentierfarm bei Inari am Solojärvi-See in Finnland gejobbt.