Das Strafgesetzbuch im Schnelldurchlauf – Mord für Autoren
Kristina Herzog

Wenn man bei Wikipedia nachschlägt, was eigentlich einen Krimi ausmacht, bekommt man folgende Antwort: »Bei einem Krimi geht es in der Regel um die Verübung und Aufklärung einer oder mehrerer schwerer Straftaten, […] die den Leser, Hörer oder Zuschauer in Spannung versetzen sollen.«



Da kann man die verschiedensten Straftaten finden, aber meist sind es Verbrechen wie Raub, Erpressung, Entführung oder Mord. Alle schön ordentlich im Strafgesetzbuch abgehandelt.

Heute wollen wir mal einen genaueren Blick auf die Straftaten gegen das Leben werfen. Im Strafgesetzbuch findet man sie im 16. Abschnitt in den §§ 211 bis 222 StGB.

§ 211 StGB regelt den Mord, in § 212 StGB ist der Totschlag beschrieben. Interessanterweise wird der Schwangerschaftsabbruch in all seinen Varianten in insgesamt vier Paragraphen abgehandelt. Also Obacht, Mädels, so eine Abtreibung kann eine kompliziertere Sache sein als ein Mord.

Aber: Wann ist es eigentlich ein Mord und wann ein Totschlag?

Totschlag oder Mord?

Einen Totschlag begeht, wer einen Menschen tötet. So weit, so gut. Ein Mörder ist dagegen, wer einen Menschen rechtswidrig und schuldhaft tötet und darüber hinaus eines der in § 211 II StGB genannten Mordmerkmale verwirklicht. Dort steht nämlich:
Mörder ist, wer
aus Mordlust, zur Befriedigung des Geschlechtstriebs, aus Habgier oder sonst aus niedrigen Beweggründen,
heimtückisch oder grausam oder mit gemeingefährlichen Mitteln oder
um eine andere Straftat zu ermöglichen oder zu verdecken,
einen Menschen tötet.

Mordmerkmale

Die Mordmerkmale können in drei Gruppen unterteilt werden:

In der 1. Gruppe (Mordlust, Befriedigung des Geschlechtstriebs, Habgier, sonstige niedrige Beweggründe) sind besondere Motive genannt. Die 2. Gruppe (heimtückisch, grausam, gemeingefährliche Mittel) umfasst besonders verwerfliche Begehungsweisen und in der 3. Gruppe sind besondere Absichten geregelt (um eine andere Straftat zu ermöglichen oder zu verdecken).

Dieser Katalog ist abschließend, das heißt nur bei Bejahung mindestens eines dieser Mordmerkmale darf ein Täter schuldig gesprochen werden.
Dann schauen wir uns doch mal die Mordmerkmale der 1. Gruppe an:

1) Mordlust liegt vor, wenn die Tötung des Opfers den einzigen Zweck der Tat bildet, insbesondere, wenn allein aus Freude an der Vernichtung eines Menschlebens getötet wird. Die Tötung muss hier nur um ihrer selbst willen geschehen. So weit, so klar, oder?

2) Zur Befriedigung des Geschlechtstriebs tötet, wer sich durch den Tötungsakt als solchen sexuelle Befriedigung beschaffen will, wer das Opfer tötet, um sich an der Leiche geschlechtlich zu befriedigen oder wer den Tod des Opfers als Folge einer Vergewaltigungshandlung in Kauf nimmt. Schön, oder?

3) Habgier ist ein Streben nach materiellen Gütern oder Vorteilen, das in seiner Hemmungslosigkeit und Rücksichtslosigkeit das erträgliche Maß weit übersteigt. Typischerweise wird das Handeln durch eine ungehemmte, triebhafte Eigensucht bestimmt, wie z. B. beim Raubmord oder dem bezahlten Auftragsmord.

4) Sonstige niedrige Beweggründe sind solche, die nach allgemeiner sittlicher Wertung auf tiefster Stufe stehen, durch hemmungslose, triebhafte Eigensucht bestimmt und deshalb besonders verwerflich, ja, verachtenswert sind.

Das ist natürlich ein wenig schwammig, aber wichtig ist hierbei, dass es sich um gedanklich vom Täter beherrschte und steuerbare Motive handeln muss. Rachsucht, Geltungsbedürfnis und ein übersteigertes Ehrgefühl fallen beispielsweise in diese Kategorie. Und: Auch politische Beweggründe können niedrig sein!

Die 2. Gruppe ist ähnlich appetitlich wie die erste, aber hey, wir reden hier von Mord, also los:

1) Heimtückisch handelt, wer die Arg- und Wehrlosigkeit des Opfers bewusst zur Tat ausnutzt. Dabei ist entscheidend, dass das Opfer gerade aufgrund seiner Arglosigkeit wehrlos ist. Unter Arglosigkeit versteht man hier, dass sich das Opfer zur Tatzeit sicher fühlt, also keinen Angriff befürchtet. Dessen muss sich der Täter auch bewusst sein und den Willen zur Ausnutzung haben.

2) Grausam tötet, wer seinem Opfer in gefühlloser, unbarmherziger Gesinnung Schmerzen oder Qualen körperlicher oder seelischer Art zufügt, die nach Stärke oder Dauer über das für die Tötung erforderliche Maß hinausgehen. Es muss sich also um besonders schwere Leiden des Opfers handeln, und der Täter muss das wissen und super finden.

3) Gemeingefährlich ist ein Mittel, wenn es eine Gefahr für eine unbestimmte Anzahl anderer Personen mit sich bringt. Hier hätten wir zum Beispiel unseren freundlichen Bombenleger oder den Brandstifter einzuordnen, wenn er in Kauf nimmt, dass auch andere bei seiner Tat getötet werden können.

Die Absichtsmerkmale der 3. Gruppe stellen auf die Verwerflichkeit des deliktischen Ziels der Tötung ab:

1) In Ermöglichungsabsicht handelt der Täter, um eine andere Straftat zu ermöglichen. Es muss dem Täter darauf ankommen, die andere Tat durch die Tötungshandlung möglich zu machen. Als Beispiele müssen hier der Wachmann herhalten, der vor dem Einbruch getötet wird, oder eine Tötung, um die Schutzperson des späteren Opfers auszuschalten.

2) In der Verdeckungsalternative muss der Täter handeln, um eine andere Straftat zu verdecken, wobei hier auch die Straftat eines anderen in Frage kommt. Dabei muss die Tötung das Mittel zur Verdeckung sein und darf nicht nur die Folge eines anderen Mittels sein. Paradebeispiel ist hier die Tötung des einzigen Tatzeugen oder eines Verfolgers, um unerkannt zu entkommen.

Totschlag

Kein Mord, sondern ein simpler Totschlag wäre es allerdings, wenn der Täter nur eine schon vorhandene gefährliche Situation ausnutzt oder wenn er eines der oben beschriebenen Mordmerkmale nicht vorsätzlich verwirklicht. Wenn einem so eine Tötung in den Schoß fällt, was soll man da auch anderes machen?

Ideenfundgrube

Wie ihr seht, hält das Strafgesetzbuch eine Fülle an guten Ideen bereit, die nur genutzt werden wollen. Also: Sollte euch einmal die Idee für eine Tat oder ein Motiv fehlen, hilft ein schneller Blick ins StGB. Hier gibt es auch eine Menge anderer Straftaten, die krimitechnisch interessant sein könnten.

Aber zunächst mal: Frohes Morden, liebe Kollegen!

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