Kiepenheuer & Witsch

Die Geschichte des Verlages, genauer seine Vorgeschichte, beginnt im Jahr 1947 in Jena, in der damaligen sowjetischen Besatzungszone, als der 41-jährige Bibliotheksdirektor Dr. Joseph Caspar Witsch mit dem 26 Jahre älteren Gustav Kiepenheuer zusammentrifft. Kiepenheuer, ein erfahrener und geachteter Verleger, hatte sein 1910 in Weimar gegründetes Unternehmen in den zwanziger Jahren zu einem der angesehensten deutschen Verlage entwickelt. Weil die Nazis ihn mit einem Veröffentlichungsverbot belegt hatten, erhält Kiepenheuer nach dem Krieg als einer der ersten eine sowjetische Verlagslizenz.

Olzogs Dokumentation deutschsprachiger Verlage erwähnt einen Vertrag, den Gustav Kiepenheuer und Joseph Caspar Witsch in Jena schließen, »mit der Absicht, die Zone zu verlassen und mit der Tätigkeit des Verlages in Köln zu beginnen«.

Aber es kommt anders. Im April 1949 stirbt Gustav Kiepenheuer, noch bevor auch nur ein Buch unter dem Imprint Kiepenheuer & Witsch erscheinen kann.
Unternehmerischer Mut

Joseph Caspar Witsch geht das Wagnis alleine ein, nach der Währungsreform einen Verlag aufzubauen, obwohl er nur über geringes Startkapital verfügt. Auch kann er auf keine übertragenen Verlagsrechte setzen – die Autoren von Gustav Kiepenheuer hatten im Exil ihre neuen Werke zur Veröffentlichung an ausländische Verlage gegeben, die nun über die Rechte verfügen.

Aber Witsch hat Selbstvertrauen und die Fähigkeit zu überzeugen. Auch die Zeitumstände sind günstig für einen ehrgeizigen Verleger: Nach Krieg und NS-Zensur ist der Hunger nach Büchern groß. Kaum jemand kann sich in der Nachkriegszeit vorstellen, dass sich Buchhändler und Literaturkritiker einnmal angewöhnen werden, über die jährliche »Bücherflut« zu stöhnen …


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