Engel und der Fluch des Golem
Raimund A. Mader

XOXO-Verlag


ISBN 978-3-9675-2220-4

12,90 € [D], 13,30 € [A]
Aussig – das heutige Ústí nad Labem - eine Industriestadt im ehemaligen Sudetenland. Aussig – ein Ort der Schande.
Jahre sind vergangen seit dem blutigen Massaker, dem so viele zum Opfer gefallen sind. Männer Frauen, Kinder …
Ein Mann steht am Rande der Brücke, die sich über den grauen Fluss wölbt. Er blickt hinunter und aus dem Grau des Wassers steigt das Rot von Blut und Schmerz und Tod. Sein Schwur: Vergeltung für das, was damals geschah …
Und … ein Polizist aus Regensburg, der das Monster jagt. Kajetan Engel, nach dem grausamen Tod seines Sohnes selbst von Dämonen getrieben, begibt sich auf die Suche nach dem Schlächter, versucht zu verhindern, was sich dessen krankes Hirn ersonnen hat.
Raimund A. Mader

© Isabell Naber

Raimund A. Mader

geboren 1952 in Bad Tölz, lebt seit vielen Jahren in Eschenbach, in der nördlichen Oberpfalz. Er studierte Anglistik und Germanistik in München und in Seattle, Washington. Er ist verheiratet und hat zwei Töchter, die ihn nach wie vor gehörig auf Trab halten. Bis August 2017 arbeitet er als Gymnasiallehrer in Weiden, genießt mittlerweile aber die "Freuden" der Pension.

Mit dem Roman „Glasberg“ gibt er 2008 sein Krimidebüt. "Schindlerjüdin", sein zweiter Roman, erscheint 2010, im Juli 2013 der dritte Teil, mit dem Titel "Roter Herbst".

Im Februar 2016 erscheint "Der König von Weiden", der sich mit dem ungeklärten Mord an Walter Klankermeier, dem ehemaligen Bordellkönig von Weiden, beschäftigt.

Sein neuester Krimi mit dem Titel "Das Kafka-Manuskript" wird 2018 im GMEINER-Verlag veröffentlicht.

Von 09.2017 bis Ende 2021 leitet er die Geschäftsstelle des SYNDIKATs.

Fragen der SYNDIKATS-Redaktion an Raimund A. Mader

Wo schreibst du am liebsten?

In meinem Arbeitszimmer mit dem Blick hinaus auf die Wolken.


Welcher ist dein Lieblingskrimi?

Der Richter und sein Henker.


Dein Lieblingskollege/Lieblingskollegin?

 Jeder und jede auf seine/ihre Art, die im Schreiben Freude finden.

Warum bist du im SYNDIKAT?

Fühlt sich einfach gut an … auch (und vor allem) bei näherem Kontakt.

Dein Lieblingswort?

Dämon.

Dein Sehnsuchtsort?

Das Meer, dort, wo ich es zum ersten Mal vor vielen Jahren erlebt habe.

Dein Lieblingsgetränk?

 Radler aus dem Eisfach, flüssig, aber kurz vor der Explosion der Flasche.

Dein Lieblingsmord?

Jeder Mord, der der Fantasie entspringt, hat seine Reize.

Wo findest du Ruhe?

Im Bett unter der Decke.

Wo Aufregung?

Ebendort …

Deine persönlich meistgehasste Frage?

Warum tust du das?

Leseprobe

PROLOG

Du weißt noch, wie deine Hand beim ersten Mal gezittert hat. Das wird dir nicht noch einmal passieren. Ganz ruhig wirst du sein. Das Messer. Der scharfe, kurze Schnitt … Du hast keine Ahnung, woher du mit einem Mal diese Sicherheit nimmst. Sie ist einfach da.

Dennoch wünschst du dir, du wärest weit weg.

Aber du bist jetzt hier.

Du hast die Grenze überquert, eine Grenze überschritten. Wie immer: ein eigenartiges Gefühl. Jetzt fährst du auf buckligen, schlecht geteerten Pisten in Richtung Nordosten. 25 Kilometer, dann erreichst du die Stadt: 50° 39 nördliche Breite, 14° 2 östliche Länge. Ústí nad Labem, das einstige Aussig. Ein Ort der Schande.

Der Weg zur Elbe führt dich durch öde Vorstädte, die Altstadt. Dann stehst du vor der Brücke, die sich über den grauen Fluss wölbt. Du steigst aus, gehst die wenigen Schritte, blickst hinunter und aus dem Grau des Wassers steigt das Rot von Blut und Schmerz und Tod zu dir empor. Erahnst du, was damals geschah? Die fahlen Erinnerungen in deinem Kopf sind durch tausend Geschichten und Erzählungen gegangen, sind neuen Bildern gewichen, die, gestählt im Feuer des Hasses, dir zum Kompass deines Lebens geworden sind. Du rufst nach deinem Onkel, den Gelynchten, den Opfern des Mobs … Weißt du denn nicht, dass die Zahl derer, die dem Wahnsinn der Zeit zum Opfer gefallen sind, unermesslich größer ist als die der Gepeinigten, die in den Fluten dieses Flusses an jenem einen Tag versunken sind?

Du wendest, fährst durch die Stadt. Über eine andere Brücke gelangst du ans jenseitige Ufer. Ein weiteres Mal überschreitest du eine Grenze, überschreitest das Wasser des Grauens, das die Welt der Lebenden und das Totenreich voneinander trennt. Wo bist du Charon? Ich entbiete dir deine Münze.

Nur wenige Kilometer von der Stadt entfernt, das kleine Dorf mit seinen Gutshöfen und Feldern und Alleen. Hier beginnt deine Suche.

Du bist gerüstet. Abseits des Dorfes und doch in Sichtweite hast du dir im nahen Wald einen Unterschlupf gesucht. Von hier aus beobachtest du. Und wenn es Nacht wird, trittst du hervor, machst dich auf die Suche nach dem Mann, den du töten wirst.

Dein Körper schmerzt von der unbequemen Position, die du in deinem Unterschlupf gezwungen warst, einzunehmen, aber das zählt nicht. Du bist zufrieden.

Denn natürlich findest du ihn.

In der Dämmerung des Morgens schleichst du auf den Hof, den du aus den Erzählungen und nunmehr aus deinen eigenen Beobachtungen kennst. Die Türen sind – wie du es erwartet hast - unverschlossen, was es dir leicht macht, dich deinem Opfer zu nähern.

Und dann … mit schrecklich ruhiger Hand führst du den tödlichen Schnitt durch die Kehle des Schlafenden. Das Messer so scharf … Blut ergießt sich im Rhythmus des brechenden Herzens. Nur ein Röcheln ist zu vernehmen. Letzte Zuckungen. Es ist vollbracht.

In diesem Moment nimmst du eine Bewegung wahr, spürst den Lufthauch, der damit einhergeht und wendest dich mit einer schnellen Drehung. Hinter dir im Halbschatten des beginnenden Tages steht ein Mädchen, eine junge Frau. Du siehst, wie sich ihre Augen weit öffnen, erahnst den Schrei, der über ihre Lippen drängt und greifst mit beiden Händen nach ihrer Kehle, drückst sie zu Boden. Ihr wälzt euch in verzweifeltem Kampf, bis sie unter dir zu liegen kommt – besiegt. Ihr Nachthemd ist hochgerutscht und nun kauert sie da, ein erlegtes Stück Wild, und wartet auf den Stoß, der sie in ewige Nacht stürzen wird.

Den kleinen Jungen, der hinter einem Vorhang Zeuge des Schrecklichen wird, siehst du nicht, sein Wimmern hörst du nicht. Übertönt von wildem Keuchen.

Aber wisse, auch er wird niemals vergessen, was hier geschah …