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ET trifft Rezi – Erfahrungsbericht aus der Indie-Autorinnenwelt
Gabriela Kasperski

Als ich mit meinem ersten Krimi Die gefallene Schneekönigin einen Verlag suchte, war ich naiv und voller Glauben daran, bald meinen Wunschtraum umzusetzen: Bücher schreiben, meine Kinder großziehen und meine Brotjobs immer mehr reduzieren. In den Fußstapfen von Elizabeth George wollte ich angelsächsischen Humor, skandinavische Tiefe und Schweizer Gemütlichkeit zu einem einzigartigen Ganzen verbinden.

Heute, viele Jahre später (die Kinder sind teilweise bereits erwachsen), ist die Welt und damit auch die Buchwelt eine andere geworden. Ich habe einen Verlag gefunden, gejubelt und gewartet, gewartet, gewartet … Einen neuen Verlag gefunden, erneut gejubelt und weiter gewartet. Begleitet von einer Agentin wollte ich von der regionalen Ersatzbank ins Mittelfeld, stolperte, fing mich auf, stolperte erneut und wartete, wartete, wartete … So gut warten wie ich kann wohl kaum jemand (allenfalls andere Autorinnen und Autoren?).

Bis es mir letztes Jahr zu blöd wurde. Mittlerweile hatte ich Band drei der Krimiserie geschrieben, dazu eine Komödie, hielt beide für lesenswert – und hatte keine Lust mehr, die Worddatei im Computer veralten zu lassen.

Ich entschied mich also, Indie-Autorin zu werden respektive genau genommen Hybrid-Autorin – Krimi Nummer zwei ist noch bei einem etablierten Verlag. Erst mal recherchierte ich ein paar Monate lang … Einfach, damit das klar ist: Ich arbeite freischaffend und Vollzeit, meine Zeit ist also durchaus knapp. Ich lernte den Indie-Dschungel aus den verschiedensten Perspektiven kennen. Musste mich herumschlagen mit der Onlinewelt (das neue Zauberwort), der Bloggerwelt (ist unabdingbar), dem traditionellen Buchhandel (ohne den geht auch nix) und Selfpublisher-Ratgeber (es gibt nur einen wirklich guten: Die Self-Publisher- Bibel von Matthias Matting). Ich googelte Vertriebswege, Druckereien von Polen bis China und die um die Ecke, surfte On-demand-Plattformen (wählte klug und wähnte mich sicher), wusste nicht, was Remissionen sind (keine Krankheit), Zwischenhändler (keine Drogendealer), Barsortimenter (keine Kredithaie).

Mein persönlicher Lernhöhepunkt: ET ist kein Außerirdischer (sondern der Erscheinungstermin)!

Heute habe ich einen eigenen Kleinverlag, die Storybakery.

Habe gemerkt, dass „Indie“ nicht automatisch „allein“ meint und dass ich ein Team von Leuten brauche, die mich unterstützen. Denn der Buchbetrieb ist ein (Hai-)Fischbecken, was sich zum Beispiel in der Insolvenz meiner On-demand-Plattform zeigte (muss man erst mal schaffen, ein halbes Jahr lang zu recherchieren und dann den Konkurs-Kandidaten auszuwählen).

Ich habe Die gefallene Schneekönigin überarbeitet und neu herausgegeben, Sicht Unsichtbar (Krimi Nummer drei) herausgegeben. Ich hatte und habe viele Lesungen und war virtuell auf vielen Leseplattformen zu Gast, unter anderem bei Lovelybooks. Und bald erscheint meine erste Komödie Ins Glück gebloggt.

Glück hatte ich auch. Mit meiner Lektorin, Magdalena Bernath, die mich seit dem ersten Buch begleitet und die von der Verlagslektorin zur freischaffenden wurde. Glück hatte ich mit meiner Webmasterin, die auch Cover bearbeiten kann, mit meinem Sohn, der Coverfotos schießen, meinem Mann, der Texte gegenlesen kann, mit meinem zweiten Sohn, der einen Jugendkrimi schreibt, was unser erstes Nicht-Gabriela-Buch sein wird. Ihr seht, damit sind schon weite Teile eines funktionierenden Verlags abgedeckt (mal abwarten, was unsere kleine Tochter später beisteuern wird).

Glück hatte ich mit dem Schweizer Buchhändler- und Verlegerverband und seinen Workshops. So habe ich meinen E-Book-Vertrieb gefunden, mbassador, und vor allem meine Presse- und Marketingagentur Literaturtest.

Da habe ich gelernt, was richtiges Buchmarketing bedeuten kann. Und ehrlich gesagt, allein hätte ich auch das nie geschafft. Als gelernte Schauspielerin liebe ich Buchlesungen, wenn es aber darum geht, mich zu verkaufen, bin ich traumatisiert (von gefühlten Hunderten von Vorsprechen und Tausenden von Bewerbungen: Don’t call us, we call you).

Wie schön, wenn die inspirierten Ladys von Literaturtest über meine Bücher nachdenken – und wie man sie am besten unter die Leute bringt. Wie gut, dass sie die Bloggerwelt kennen, wissen, was Sinn macht und was verschwendetes Geld ist. Wie toll, dass ihr Presseverteiler meine paar E-Mail-Adressen bei Weitem sprengt. Dass sie nachhaken, ohne sich dabei schlecht zu fühlen. Denn ich (und meine Bücher) sind ihr Produkt, das sie möglichst gut verkaufen wollen. Und wenn sie dann noch eine inspirierte Grafikerin vom Bureau Nouveau kennen, die in einem Bild ausdrücken kann, wofür ich viele Worte brauche, weiß ich, dass ich und mein Team – und das sage ich sehr stolz –, dass wir auf einem spannenden Weg sind.

Ehrlich gesagt, anfangs musste ich schon ziemlich schlucken, als ich die erste schlechte Rezi (auch dieses Wort musste ich lernen) las. Ich will es euch nicht verhehlen, in der Onlinewelt gibt es unzählige Kritiker, und die sind manchmal brutaler als jedes Feuilleton. Aber hey, wenn ich mir für eine feuilletonistische Erwähnung erfolglos den Kopf blutig schlage und die Füße wund laufe, dann sitze ich die paar Tiefschläge locker ab. Und werde reich belohnt. Mit schönen (virtuellen und physischen) Begegnungen, interessierten und berührenden Rückmeldungen, mit einer neuen Wahrnehmung meiner Geschichten, die mich für die ganze Warterei mehr als nur entschädigen.

All das ist nicht gratis, es kostet mich eine Stange Geld.

Ich betrachte mich als Start-up. Mein Businessplan ist simpel.

Nach einem Jahr kenne ich meine Richtung, habe die nötigen Kontakte, bin in Bewegung. Und in den roten Zahlen.

Nach dem zweiten Jahr erreiche ich den Break-even (also keine roten Zahlen mehr).

Das Jahr drei bringt Gewinn.

Sollte es nicht so sein, muss ich wieder neu überlegen. Aber ich habe mich in meinem Leben so oft neu erfunden, auch das werde ich schaffen.

Und falls ihr mal Abwechslung von den Krimis braucht, lest meine Komödie!

InsGlückGebloggt

Gabriela Kasperski im November 2016

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