Tod in der Klingenfabrik
Sibyl Quinke
Edition Oberkassel
Taschenbuch
Seine Schwester, Geschäftsführerin von Crena, ist jedenfalls froh, dass sie nun nicht mehr die Brände löschen muss, die ihr Bruder ständig gelegt hatte.

Sibyl Quinke
Ihr Wissen über die Wirkung giftiger Essenzen brachte die promovierte Apothekerin Sibyl Quinke dazu, einen Krimi zu schreiben.
1952 in Freiburg geboren, schreibt sie seit Jahren als freie Mitarbeiterin Artikel für die Bergischen Blätter. Mit der Zeit entstanden auch Märchen und lyrische Texte. Sie hat diverse Preise bei Ausschreibungen gewonnen und geht mit einem Bühnenprogramm auf Tour. Sie ist Mitglied im Literaturkreis ERA e.V., als Literaturbeauftragte der Bandfabrik in Wuppertal hat sie einen Literarischen Salon etabliert, begleitet maßgeblich die Reihe „Literatur auf dem CronenBerg“, war Redaktionsmitglied der Literaturzeitschrift KARUSSELL und ist Mitglied im Schriftstellerverband, dem Syndikat sowie den Mörderischen Schwestern.
2016 organisierte sie den Krimitag in Düsseldorf. Auüßerdem erhielt sie das Stipendium Tatort Töwerland.
Tod in der Klingenfabrik ist die Empfehlung der Woche der SYNDIKATs-Redaktion vom 27. August 2018.
Rezensionen
"Sibyl Quinke ist wieder in ihrem Element: Es ist kein typischer Krimi, sondern eher ein Familienroman mit Todesfolge, erklärt Sibyl Quinke. Es geht ihr nicht um Mord und Totschlag, Ermittlung, Verhaftung, Schuld und Sühne, also zumindest nicht in erster Linie. Vielmehr sucht Sie das psychologische Wechselspiel zwischen den Figuren auszuloten wenn sie gute und schlechte Charaktereigenschaften auf die handelnden Personen verteilt …
Doch bevor sie weiß, wer in ihren Roman sterben muss, hat sich die promovierte Apothekerin vorher ausgiebig mit der Todesursache, die Mordinstrumente, auseinandergesetzt; so merkwürdig das auch klingen mag …?"
Eduard Urssu, Wuppertaler Rundschau?
"Sie beginnt mit dem Mord, und zwar mit dem technischen Aspekt der Tat, das heißt in ihrem Fall, sie überlegt mit welchem Gift ihr Mordopfer zu Tode kommt. Krimiautoren Sibyl Quinke ist promovierte Apothekerin Fachfrau, und nimmt Krimilesern einige Illusionen: Es ist keine einfache Sache. „Das Gift müsse einerseits tödlich sein, andererseits dürfe es im Opfer nicht auffallen. Und es muss leicht zu beschaffen sein. Deshalb seien Krimis mit dem Klassiker Zyankali unglaubwürdig.“ Das würden Sie nicht so einfach bekommen.?"
Katharina Rüth Westdeutsche Zeitung
Drei Fragen an die Autorin Sibyl Quinke
Warum haben Sie sich für ein Leben mit dem Verbrechen entschieden?
Es ist so effektiv. Das Morden klappt und es gibt sogar Menschen, die das lesen wollen und dann auf die nächste Leiche warten. Der Weg ist einfach gut.
Was ist Ihre Lieblingstatwaffe?
Gift ist meine Leidenschaft. Das ist sauber und bequem. Da gibt es keine Blutpfützen, die hinterher jemand aufwischen muss, und das Mordopfer – vergiftet – entfernt sich eventuell noch selbst (weil das Gift noch nicht seine volle Wirkung entfaltet hat). Da habe ich als Mörderin noch nicht einmal die Last mit der Leiche; sie entsorgt sich selbst.
Was haben Sie zu Ihrer Verteidigung zu sagen?
Verteidigung? Es liegt in meinem Charakter – da kann man nichts dagegen machen.
Leseprobe:
„So ein Mist. Was mussten sich die Leute so festquatschen. Eigentlich wollte ich schon längst zu Hause, genauer auf dem Polterabend sein. Meine Frau wird wieder meckern, dass wir so spät dran sind, sie begreift einfach nicht, dass wir in unserem Betrieb immer dann unterwegs sind, wenn andere feiern. Allerdings: Heute war ich davon ausgegangen, dass es mal mit einem gemeinsamen Samstagabend klappen würde, und dann hörten die hier überhaupt nicht mehr auf zu schlucken und zu wippen. Die Band konnte auch kein Ende finden“, schimpfte Eddi, einer der Caterer, vor sich hin.
„Hör auf zu meckern. Dann verdienen wir auch mehr. Die hat’s halt so bestellt. Sei froh, dass wir so gefragt sind“, versuchte ihn sein Kollege zu besänftigen. Mit den Gedanken waren sie alle schon auf dem Heimweg beziehungsweise bei ihren Verabredungen des heutigen Abends. Jeder packte die Utensilien seines Bereiches mit geübten und flinken Handgriffen zusammen.
Damit beschäftigt, alles abzubauen und einzuladen, begann von hinten einer zu fluchen: „Verdammte Scheiße, sollen wir jetzt auch noch Leichen entsorgen? Sollen die Leute saufen, aber zum Ausschlafen könnten die sich nach Hause schaffen und sich nicht einen Platz hier zwischen unserem Kram suchen.“
„Weck ihn. Er soll sich ein Taxi bestellen“, rief ihm Eddi zu. Er war nicht gewillt, weitere, größere Unterbrechungen zu akzeptieren. Eddi hoffte immer noch, dass er es doch noch rechtzeitig zum Polterabend schaffte, zu dem er eingeladen war. Es dauerte eine Weile, bis auf seinen Ratschlag eine Antwort kam:
„Ich glaube, der braucht kein Taxi mehr.“ Dieser Kommentar, der forsch gemeint war, aber überhaupt nicht so klang, ließ alle aufhorchen.
„Wieso?“
Seine Kollegen unterbrachen ihre Aufräumarbeiten und wandten sich um, um diese merkwürdige Entdeckung zu betrachten. Da standen sie nun alle fünf vor dem Mann, der krumm zwischen den Kartons lag. Die Kellnerin, die einzige Frau der Crew, traute sich als Erste, den unbeweglichen Menschen anzutippen. Er rührte sich nicht. Sie versuchte es noch einmal stärker. Immer noch keine Reaktion. Ihr Kollege griff an seine Schultern und schüttelte ihn. „Ich weiß nicht …“ Dann legte er Mittel- und Zeigefinger an die Halsschlagader. Die Haut fühlte sich kalt an, die Konsistenz erinnerte ihn an Käse, und er nahm keinen Puls wahr.
„Oh, ich glaube, der ist …, der lebt nicht mehr.“ Er traute sich nicht, „tot“ zu sagen, das klang so endgültig. Die Crew fluchte nicht mehr, sondern stand erstarrt und ratlos da. Jedes Wort, das sich formen wollte, blieb im Hals stecken und trocknete ihn aus. Keiner rührte sich. Stier blickten sie auf den Mann, der so ungelenk zwischen ihren Gerätschaften lag. Keiner von ihnen war bisher einer leblosen Person, die auch tot sein konnte, begegnet. Da standen sie nun, unbeweglich, und ihre Arme hingen an den Seiten. Sie wussten nicht, was sie tun sollten, bis die Kellnerin sie aufforderte: „Wir müssen was machen.“
„Und was?“
Eddi drehte sich um und meinte: „Ich muss aufs Klo.“ Ein anderer Kollege wandte sich ebenfalls ab. Er war zwar der stärkste von allen und ein Mann wie ein Bär, aber ein Toter war nichts für seine zartbesaitete Seele. Die junge Frau fing an zu wimmern. Der „Leichenfinder“ war nicht mehr so forsch bei der Sache. Schließlich fand die Frau als erste in die Realität zurück, zog ihr Handy und wählte die 112.