Vor einem Flüchtlingsheim steht ein Mann, scheinbar Ausländer, und beobachtet das Heim tagelang. Als der ehemalige Kommissar Bernhard Völkel davon erfährt und sieht, dass der Mann einen der Asylanten sogar verfolgt, greift er ein. Der Mann erzählt von Geheimdiensten, Folter und seiner Flucht – und dass einer seiner Peiniger hier untergetaucht sei. Völkel ist entsetzt und versucht alles, ihm zu helfen. Doch dann ist der Mann verschwunden.
Im Kerker ist die Empfehlung der Woche der SYNDIKATs-Redaktion vom 15. Juli 2019.
Rezensionen
"Eigentlich geht es dem pensionierten Kommissar Bernhard Völkel in Heinrich Peuckmanns Krimi „Im Kerker“ gut. Er ist glücklich liiert und lernt per Bahn viele deutsche Städte kennen. Doch dann trifft er den Kleingärtner Ulli, der ihm von einem Flüchtling erzählt, der täglich ein Übergangs-Wohnheim beobachtet. Eher widerwillig lässt Völkel sich darauf ein, … sich den Beobachter anzusehen. Völkel ahnt nicht, auf was er sich da einlässt. Denn der junge Syrer Abdul erzählt den beiden Herren eine abenteuerliche Geschichte von Folter und Gefangenschaft in seiner Heimat. Angeblich beobachtet er den brutalen Folterknecht, der in dem Flüchtlingsheim wohnt. … Peuckmanns Krimis um den Dortmunder Völkel haben ihren ganz eigenen Charme. Das neue Buch widmet sich einem hochaktuellen Thema. Spannend und lesenswert!"
Ruhrnachrichten, 1.5.19
"Dieses Spiel an verschiedenen Schauplätzen ist spannend. … Peuckmann beschreibt Szenen in Syrien, aber das Gros des Romans spielt in einer Kleingartenanlage unweit des Phoenixsees. Die Unschuld des Spießertums, das Leben nach festen Regeln, all das wird erschüttert durch Geflüchtete. Wer ist der Gute, wer der Böse? Das erschließt sich dem Leser zunächst nicht und hält den Spannungsbogen hoch."
Hellweger Anzeiger, 10.4.19
Einige Fragen an Autor Heinrich Peuckmann
Wann begann Ihre kriminelle Karriere?
Dieses ist nun meine 15. Mordgeschichte, mein 15. Krimi. Alles begann 2005 mit einer Mordserie aus religiösem Fanatismus. Seitdem begleiten mich gesellschaftlich motivierte Verbrechen aus allen Bereichen. Einmal war ich der brutalen Tiermafia auf der Spur (Angonoka), die die Letzten ihrer Art rücksichtslos jagt und für viel Geld verkauft, einmal folgte ich einem verzweifelten Vater, der seine geliebte Tochter durch kriminelle Machenschaften verlor (Schwarze Tage), einmal rassistischen Fußballfans (Nach Abpfiff Mord). Es gibt so vieles, das literarisch aufgearbeitet werden muss, weil es brutal ist und unser Zusammenleben gefährdet.
Wie viele Verbrechen gehen auf Ihr Konto?
Genau zählen kann ich sie nicht mehr. Viele sind es und es werden immer mehr. Selbst die Polizei in meiner kleinen Heimatstadt Kamen weiß inzwischen davon. Als ich neulich zu schnell fuhr und angehalten wurde, sagte ich: So einer wie ich müsste nicht wegen Geschwindigkeitsüberschreitung angehalten werden, sondern wegen mehrfachen Mordes. Da lachte der Polizist. Ja, ich lese das, antwortete er. Lassen Sie mich aber jetzt erst das Bußgeld einsammeln, dann wende ich mich wieder mit Freuden Ihren Mordgeschichten zu.
Was haben Sie zu Ihrer Verteidigung zu sagen?
Was soll ich zu meiner Verteidigung sagen, wenn selbst die Polizei Freude an meinen Verbrechen hat? Ich mache weiter, ist doch klar.
Leseprobe
Wird sich wirklich etwas ändern zum Besseren? In Tunesien, ja, da hat das geklappt, da hat sich die Demokratie durchgesetzt. Aber hier bei ihnen? Er weiß es nicht. Er weiß nur, dass er fortfahren muss mit dem, was er begonnen hat. Mit seinen Blogs, mit seinen Aufrufen an alle, die dieselbe Hoffnung haben wie er. Er muss weitermachen, damit die richtigen Leute gewinnen. Denn so, wie es jetzt ist, kann es nicht bleiben. Zuletzt sind sogar Kinder verhaftet und vermutlich gefoltert worden. Wo sie am Ende geblieben sind, weiß kein Mensch. Er muss aber auch helfen, dass nicht die Fanatiker die Macht übernehmen, nein, die auf keinen Fall! Dann wird es noch schlimmer werden als es schon ist. Dann wird nicht nur gefoltert, dann werden Köpfe mit Küchenmessern abgeschnitten.
Er drückt sich wieder ganz nah an die Häuserwand. Nur nicht auffallen, bloß das nicht.
Plötzlich merkt er, dass ein Auto langsam neben ihm herfährt, wer weiß wie lange schon. Es ist eine Limousine, die mit gedrosseltem Motor fährt. Verdammt, warum hat er sich in den letzten Minuten nicht mehr umgesehen, er muss doch die Übersicht behalten. Alles andere ist gefährlich. Die Scheiben der Limousine sind abgedunkelt, so dass er nicht ins Innere schauen kann. Sitzen mehrere in dem Wagen oder nur einer? In dem Moment kommt ihm ein Verdacht. Wenn sie das jetzt sind, wenn sie ihn nun doch auf der Liste haben!
Gerade in dem Moment, als er wegrennen will, wird die hintere Wagentür aufgestoßen und ein Mann springt raus. Bevor er nur einen Schritt machen kann, hat der Mann ihn schon im Klammergriff gefasst, reißt ihn an sich und drückt ihn im nächsten Moment in den Wagen. Alles geht so schnell, dass er nicht mal richtig begreift, was mit ihm passiert. Er sitzt noch nicht richtig, da wird ihm plötzlich schwarz vor Augen. Jemand hat ihm etwas übergestülpt, einen Sack vermutlich. Er hatte nicht einmal Zeit, sich umzublicken, so schnell ist alles gegangen. Im nächsten Moment werden ihm die Arme auf den Rücken gedreht und Fesseln angelegt. Es sind Plastikbänder, die tief in die Haut schneiden. Was jetzt? Er weiß es nicht. Er spürt nur an der Schulter, dass sich derjenige, der ihn in den Wagen gestoßen hat, neben ihn gesetzt hat.
Im nächsten Moment gibt der Fahrer Gas und fährt so schnell an, dass es ihn in die Rücklehne presst. Eine Zeitlang versucht er noch, sich den Weg vorzustellen, den der Wagen nimmt, denn er kennt ja die Stadt. Ein Stück die Straße hoch, dann nach links abbiegen, dann nach rechts und dann … dann weiß er nicht mehr, wo er sich befindet. Zu schnell geht die Fahrt. Er verliert auch das Zeitgefühl. Sind sie zehn Minuten unterwegs oder schon zwanzig? Er weiß es beim besten Willen nicht.
Verdammt, wenn die Typen wenigstens reden würden, wenn er ihre Stimme hören könnte, vielleicht würde das etwas über sie verraten. Aber das tun sie nicht, sie bleiben stumm wie die Fische.
„Wer seid ihr?“, ruft er. „Was wollt ihr von mir?“
Aber auch jetzt antwortet niemand.
„Sagt doch, was ich euch getan habe. Ich habe doch nichts gemacht. Wir können den Irrtum schnell aufklären.“
Jetzt klingt es so, als hätte jemand leise gekichert.