Olivia Kleinknecht
Hallo, ihr Lieben,
zuerst das Langweilige:
Ich bin 1960 in Stuttgart geboren, bin Juristin und habe am Europäischen Hochschulinstitut in Florenz über die „Positivität des Rechts bei Niklas Luhmann“ promoviert. Seit Urzeiten schreibe ich Romane und Sachbücher und habe u.a. bei der Frankfurter Verlagsanstalt und S. Fischer publiziert. Mitglied bin ich beim A.d.S, PEN, und der ESSWE.
Dann das Interessantere:
Seit längerem interessieren mich parapsychologische Inhalte:
Mein Sachbuch "Das Gedächtnis von Gegenständen" hat mich fünf Jahre Arbeit gekostet. Ich habe zuerst ein Jahr lang nur recherchiert und dann angefangen zu schreiben, dann weiter recherchiert, weil alle möglichen neuen Fragen auftraten, mich in Probleme verbissen, bis ich zu verstehen glaubte, worum es ging, Probleme gelöst und neue eingehandelt. Irgendwann sagst du: Schluss, das Ganze ist jetzt ziemlich plausibel und für jeden einigermaßen verständlich. Ich habe mir wirklich Mühe gegeben, dieses verrückte Thema so zu erschließen, dass es einleuchtet, und habe es tausendfach belegt, da einem ja nicht jeder einfach glaubt, dass Dinge, Orte, einfach alles, ein Gedächtnis hat.
Wie kam ich auf ein so verrücktes Projekt? Der Ausgangspunkt war: Ich wollte unbedingt herausfinden, was ist eine Stimmung, was ist Atmosphäre? Man fühlt sich irgendwo bedrückt oder wohl, und es hat nicht nur mit den äußeren Umständen zu tun, sondern mit etwas vorderhand nicht Greifbarem, Verborgenem. Ein Ort, ein Ding strahlt etwas aus. Etwas liegt quasi in der Luft. Ist Stimmung, ist Atmosphäre sozusagen nur aus der Luft gegriffen? Oder ist sie viel wirklicher als wir meinen? Besteht sie gar aus irgendwelchen Teilchen (Materie- oder Kräfteteilchen)? So fing es an …
Inzwischen habe ich weitere Romane veröffentlicht, u.a. die Krimis Das Haus und Sterbewohl unter Olivia Monti.
Zuletzt, 31. Juli 2025, habe ich einen Roman veröffentlicht, in den einige meiner paranormalen Recherchen eingeflossen sind: Die Toten von nebenan. Er spielt im Jenseits ...
Auf gute Freundschaft, Olivia
Bücher von Olivia Kleinknecht
Leseproben & Dokumente
DIET TOTEN VON NEBENAN - Roman
DIE TOTEN VON NEBENAN
oder
DAS TOTE VIERTEL
Roman
Olivia Monti
Leseprobe
Frau Enger saß mit
ihrem Gatten im Wohnzimmer und fing wieder mit dem leidigen Thema an: „Ich
finde es nicht richtig, dass unsere Kinder ihr Leben weiterleben, ohne auch nur
einmal an uns zu denken. Jette hat mich noch nie auf dem Friedhof besucht, und
Peter will sogar nächstes Jahr unser Grab auflösen. Nach kaum sieben Jahren.“
Herr Enger ruckte
auf seinem Sessel hin und her, als säße er auf glühenden Kohlen.
„Wir existieren für
sie nicht mehr. Es ist sogar noch schlimmer – es ist so, als hätten wir
für sie nie existiert. Als hätte es uns gar nie gegeben. Nicht ein Wort über
uns. Kein an uns verschwendeter Gedanke. Überhaupt nichts.“
„Peter und Jette
haben Probleme. Probleme mit unseren Enkeln, Probleme mit ihren Partnern,
Probleme, genug Geld zu verdienen. Sie müssen jeden Tag so viele Probleme
lösen, da ist es kein Wunder, wenn sie ihre toten Eltern vergessen. Was hilft
es denn, wenn sie an uns denken? Da werden sie nur traurig, und das wirft sie
zurück.“
Frau Enger verzog
ihr Gesicht. „Ich glaube nicht, dass sie traurig werden würden. Das Ärgerliche
ist doch, sie waren nie traurig. Sie haben keine Minute um uns getrauert.“
„Aber auf der
Beerdigung, da haben sie geweint.“
„Auf der
Beerdigung, auf der Beerdigung … Die paar Tränen in der Öffentlichkeit! Am
nächsten Tag hatten sie uns schon vergessen.“ Frau Enger sah ihren Gatten
übertrieben weinerlich an. „Ist das denn normal, Reiner? Benehmen sich Kinder
so? Vermissen sie uns denn kein bisschen?“
Herr Enger zuckte
nur mit den Schultern und dehnte die Mundwinkel.
„Wir haben alles
für sie getan. Wir haben ihnen sogar zwei Häuser nebenan gebaut!“ Frau Enger
zeigte fuchtelnd in Richtung dieser Häuser.
Herr Enger seufzte
laut. „Hiltrud! Nimm endlich Vernunft an. Du musst die Kinder in Ruhe lassen.
Du darfst dich nicht einmischen. Ich bin sicher, wenn sie aus dem Gröbsten raus
sind, werden sie sich an uns erinnern. Dann werden sie sogar die Trauer nachholen.
Sie können es sich jetzt schlicht nicht leisten. Sie müssen nach vorne schauen.
Das ist ihr Überlebensinstinkt, ihr Überlebensrecht.“
„Ach, papperlapapp.
Nach dem Tod wird einem so manches klar. Da gewinnst du Einblicke, wie du sie
zu Lebzeiten nie hattest. Unsere Kinder haben uns nie gemocht, obwohl wir alles
für sie getan haben. So sieht die bittere Wahrheit aus. Dafür sollen sie bezahlen!“
Kapitel 2
Frau Löffler machte
sich daran, mit dem Fahrrad die Stuttgarter Straße zu überqueren. Sie sah nicht
nach links, warum auch, die Ampel stand ja auf Grün. Plötzlich bemerkte sie aus
dem Augenwinkel einen dunklen Schatten. Erst undeutlich und eher grau, je näher
er kam, desto tiefer wurde er schwarz. Ihr Herzschlag beschleunigte sich, und
sie bremste scharf ab. Ein Knall durchzuckte die Luft, gefolgt von einem
scharfen Pfeifen, wie von einem heftigen Wind. Ein Lastwagen rauschte an ihr
vorbei.
Puh! Das war knapp
gewesen. Fast hätte er sie erwischt. Eine unendliche Schrecksekunde lang war
ihr so, als wäre der Laster durch sie hindurchgefahren. Mit weit aufgerissenen
Augen starrte sie dem Fahrzeug nach, das in Richtung Stuttgart davonraste.
Erst als sich die
nächste Kolonne von Autos näherte, sprang sie wieder auf den Sattel und trat
hektisch in die Pedale. Sie fluchte vor sich hin. Wie hatte sie nur so
leichtsinnig sein können, sich auf die grüne Ampel zu verlassen! Um ein Haar
hätte sie einen schlimmen Unfall verursacht. Sie hätte sogar sterben können!
Nachdem sie sich
selbst genug getadelt hatte, radelte sie in ihrem normalen, gemächlichen Tempo
weiter. Erst jetzt fiel ihr etwas auf, das seltsam war, nicht passte. Sie
spürte keinen Schrecken in den Knochen, sie zitterte auch nicht. Ihr Puls raste
nicht, und ihr Atem ging normal. Sie fühlte sich nach dieser Beinahekollision
erstaunlich entspannt …
Na und? Ohne
Schrecken davongekommen, sagte sie sich kurzerhand und bog von der
Hauptverkehrsstraße in ihr Wohnviertel ein.
In der Königsberger
Straße drosselte sie ihr Tempo. Diese Straße, einst von blühenden Gärten und
schmucken Fassaden gesäumt, präsentierte sich nun mit einer wachsenden Anzahl
an verlassenen Einfamilienhäusern und Villen. Die Eigentümer waren verstorben, und
die Erben taten so, als wohnten sie dort, um die hohen Erbschaftssteuern nicht
zahlen zu müssen. In Wahrheit blieben die Häuser leer. Oder die Erben stritten
sich so sehr, dass sie die Häuser weder beziehen noch vermieten oder verkaufen
konnten.
Frau Löffler mochte
diese verlassenen Häuser, ihre Ausstrahlung. Sie schienen noch mit ihren
ehemaligen Bewohnern verbunden zu sein. Die Häuser waren Inseln, auf denen die
Zeit stehengeblieben war. In ihnen schlummerten Möglichkeiten; alles konnte
sich in ihnen künftig ereignen. Es gefiel ihr, die Häuser in Gedanken mit
Geschichten zu möblieren.
Links lag der
verwaiste Bungalow der Engers. Obwohl Herr Enger, Vorstandsvorsitzender der
örtlichen Kreissparkasse, und Frau Enger bereits vor zehn Jahren in einem
exklusiven Altersheim gestorben waren, wurde der Garten nach wie vor, zumindest
oberflächlich, gepflegt. Eine gigantische Weißtanne überschattete den Rasen.
Eiben drückten gegen die Fenster des Hauses, als wollten sie gewaltsam ins
Innere dringen.
Am Ende der Straße
standen zwei weitere Häuser leer. Bei einem von ihnen konnte man nicht einmal
Erben finden. Zuletzt hatte ein älteres Paar darin gewohnt, dann nur noch die
betagte Witwe. Das Haus hatte schon vor ihrem Tod unbewohnt gewirkt, die Rollläden
waren tagein, tagaus verschlossen geblieben. Vielleicht war es ihr allein nicht
mehr möglich gewesen, die schweren Läden hochzuziehen.
Frau Löffler bog
mit Schwung in die Elbinger Straße ein und streifte fast Nabucco, den fetten
schwarzen Kater der Nachbarin. Das Tier schien jedoch völlig unbeeindruckt und
trottete gelassen weiter. Sie korrigierte sich, das konnte nicht Nabucco sein.
Der war doch vor zwei Wochen unter ein Auto gekommen. Die Nachbarin hatte sich
also bereits Ersatz besorgt, einen Kater, der fast genauso aussah. Ähnelte das
neue Haustier stark dem verstorbenen, kam man leichter über den Verlust hinweg,
behaupteten manche.
Als Frau Löffler
schließlich in die Einfahrt ihres Elternhauses einbog, musste sie abrupt
bremsen. Eine ältere Frau trat ihr unerwartet in den Weg, die sie erst im
letzten Moment bemerkte. Frau Löffler entschuldigte sich bestürzt, doch die
Frau schien geistesabwesend und ging ohne Reaktion weiter. Moment mal, sah sie
nicht aus wie die verstorbene Frau Meilner?
Frau Meilner hatte im Block gegenüber gewohnt
und war nun schon seit dreißig Jahren tot. Ihre Wohnung stand seitdem leer.
Kürzlich hatte ein Klempner dort einen Siphon ausgewechselt, weil sich die
Bewohner über einen fauligen Gestank im Treppenhaus beklagt hatten. Er hatte
berichtet, dass sich in Frau Meilners Wohnung immer noch das gesamte Mobiliar
aus den Sechzigerjahren befand. Kein Gegenstand war verrückt worden, und eine
dicke Staubschicht bedeckte alles. Frau Meilners Schwiegertochter hatte sich
nie um Mieter gekümmert, sondern wartete nur, bis die Immobilienpreise weiter
stiegen.
Frau Löffler
schaute der Dame verstört nach. Sie trug ein beiges Sommerkostüm mit einem
knielangen, hinten geschlitzten Rock, das in die Sechzigerjahre gepasst hätte.
Sie sah der Meilner wirklich zum Verwechseln ähnlich.
Mit ein paar
routinierten Griffen stellte Frau Löffler ihr Fahrrad in der Garage ab und
schloss die Haustür auf. Auch die untere Wohnung ihres Elternhauses stand leer.
Der Mieter, ein indischer Elektronikingenieur, war vor Kurzem ausgezogen,
angeblich wegen einer günstigeren Wohnung. Frau Löffler hegte jedoch den
Verdacht, dass dies nicht der wahre Grund war.
Als sie gerade die
Treppe zu ihrer Wohnung hinaufwollte, öffnete sich die Tür im Erdgeschoss, und
ihre Großmutter trat ins Treppenhaus.
So manch anderer
hätte beim Anblick seiner verstorbenen Großmutter vielleicht einen Herzinfarkt
gehabt. Nicht aber Frau Löffler. Sie stand nur da, mit offenem Mund, starr vor
Unglauben. Halluzinierte sie etwa?
Die Frau auf der
Straße hätte vielleicht noch eine Person sein können, die der verstorbenen Frau
Meilner verblüffend glich. Hier aber stand leibhaftig ihre Großmutter, Gertrud
Herrmann, vor ihr. Daran gab es keinen Zweifel. Genauso wenig wie an der Tatsache,
dass ihre Großmutter seit mittlerweile fünfunddreißig Jahren tot war. Ansehen
tat man ihr das aber nicht. Sie stand da vor ihr, in ihren mittleren
Siebzigerjahren, exakt wie sich Frau Löffler an sie aus ihren Teenagertagen
erinnerte.
In ihr drehte sich
alles. Schrecken, Unglauben und Sehnsucht vermischten sich in ihrem Kopf. Wie
sollte sie jetzt reagieren? Sie hatte ihre Großmutter innig geliebt, und es
wäre normal gewesen, sich in ihre Arme zu werfen. Aber sie konnte sich ja
schlecht einer Toten an den Hals schmeißen. Irgendetwas stimmte hier ganz und
gar nicht …
„Du … du
bist … eigentlich tot, oder?“, stammelte sie bloß.
Ihre Großmutter
strahlte. Gleichzeitig lief eine Träne über ihre Wange.
Frau Löffler konnte
ihr nicht nur ansehen, wie sehr sie sich freute, ihre Enkelin wiederzusehen,
sie spürte es auch ganz deutlich. Meine Güte, was für ein Irrsinn!
Die Großmutter ging
gar nicht auf ihre Frage ein, sondern sprach sie an, als wäre es die normalste
Sache der Welt, als hätten sie sich gestern erst gesehen. „Sei mir nicht böse,
Nadja“, sagte sie, „aber ich möchte nicht rauf zur Rose.“
Rose war der Name
von Frau Löfflers Mutter, der Tochter ihrer Großmutter.
„Ich war schon
lange nicht mehr oben. Oben ist Roses Reich, hier unten ist meines.“ Das
Lächeln verschwand aus ihrem Gesicht. „Die Rose war früher immer so aggressiv.
Das hält mich ab.“
Himmel, was sollte
das? Wie musste sie sich verhalten? Als Frau Löffler spontan nur weg hier
dachte, sagte die Großmutter schnell und eindringlich: „Komm rein, mein Schatz,
ich erkläre dir alles.“
Obwohl Frau Löffler
eben noch hatte flüchten wollen, folgte sie nun mit zittrigen Knien ihrer
Großmutter in die Wohnung.
Sie kam aus dem
Staunen nicht mehr heraus. Alles war hier wie früher. Das gesamte Mobiliar
ihrer Großmutter war wieder da, obwohl die Wohnung nach ihrem Tod vollständig
geräumt worden war. Es roch genau wie damals nach Kaffee und Kölnisch Wasser,
und auf dem Esstisch standen die Kaffeekanne unter einer gehäkelten Wärmehaube,
zwei Gedecke und ein selbst gebackener Marmorkuchen mit Schokoladenguss. Als
hätte ihre Großmutter auf sie gewartet.
Frau Löffler konnte
es nicht wahrhaben, als ihre Großmutter ihr eröffnete, dass sie – Nadja Löffler
– tot sei. Auch nicht, als die Großmutter aufrichtig weinte, weil der Tod ihre
Enkelin mit ihren sechzig Jahren viel zu früh ereilt hätte. Frau Löffler hielt
das alles für ausgemachten Unsinn. Sie fühlte sich so lebendig wie eh und je.
Sie konnte sehen, hören, riechen, denken,
sprechen, sich bewegen … Sie fühlte sich rundum normal und sogar besonders
wohl, irgendwie leicht. War sie in einem Albtraum gefangen und wachte einfach
nicht auf? Oder hatte sie plötzlich den Verstand verloren und sah Dinge, die es
nicht gab? Die es nicht geben durfte.
In heller Aufregung
sprang Frau Löffler vom Kaffeetisch auf und eilte in den ersten Stock zu ihrer
Mutter.
Dort oben war alles
wie immer. Die Pflegerin bereitete in der Küche das Mittagessen vor, und ihre
Mutter lag auf ihrem Fernsehsessel im Wohnzimmer und blätterte in einer
Zeitung, die sie in ihrer geistigen Verwirrung schon lange nicht mehr lesen
konnte.
Frau Löffler sprach
ihre Mutter an, aber diese reagierte nicht. Sie streichelte ihre Hand. Die
fühlte sich an wie immer: weich, lauwarm, ein Geflecht von herausstehenden
Venen auf dem Handrücken. Doch auch auf ihre Berührung zeigte ihre Mutter keine
Reaktion. Frau Löffler versuchte, ihr die Zeitung aus der Hand zu nehmen, doch
das gelang ihr seltsamerweise nicht. Zwar spürte sie das dünne Papier, als sie
es betastete, die Zeitung reagierte aber nicht auf ihren Griff. Sie küsste ihre
Mama auf die Wange, spürte ihre zarte Haut und feinste Härchen, küsste sie
erneut. Doch ihre Mama regte sich nicht. Frau Löffler sprach sie noch einmal
an, benutzte die liebevollsten Koseworte, sagte schließlich laut und
vorwurfsvoll Schnuckel. Doch ihre Mama schien es nicht zu hören.
Plötzlich bemerkte
sie hinter sich die Pflegerin. Sie kam mit einem Glas Saft und stellte es auf
das Seitentischchen neben Mamas Fernsehsessel.
Frau Löffler rief:
„Hallo, Grazyna!“
Grazyna antwortete
nicht und verzog keine Miene.
Sie lief einfach
durch sie hindurch …
Frau Löffler war am
Boden zerstört. Niemand sah sie, niemand nahm sie wahr. Sie rief Grazyna laut
ins Ohr. Grazyna hörte sie nicht. Sie kitzelte ihre Mama an den Zehen, dort war
sie immer besonders empfindlich und zappelte normalerweise wütend, sobald man
sie berührte. Sie bewegte nicht einmal ihren Fuß.
„Komisch, ich spür‘
einen kühlen Luftzug“, sagte Grazyna nur, und Frau Löfflers Mama zog sich die
Sommerdecke bis hoch unters Kinn. Anscheinend war auch ihr auf einmal kalt.
„Ihre Tochter ist
noch nicht zurück. Wir warten mit dem Essen“, sagte Grazyna.
Bei dem Satz zogen
sich Frau Löfflers Eingeweide zusammen. Sie setzte sich an den Wohnzimmertisch,
legte die Stirn neben ihrem Gedeck auf die Tischplatte, die sich fest anfühlte,
und heulte hemmungslos, mindestens eine Viertelstunde lang.
War sie wirklich
tot? Hatte der Lastwagen sie erwischt? Aber warum fühlte sie sich dann so gut?
So normal – nein, besser als normal sogar? Was war nur mit ihr los?
Sie blickte zu
ihrer Mutter hinüber, die ungerührt fernsah. Da saß ihre geliebte Mama, nur
wenige Meter von ihr entfernt, und Frau Löffler konnte sie nicht erreichen. Sie
konnte ihr nicht verständlich machen, dass es sie noch gab, dass sie unversehrt
war. Noch nie in ihrem Leben hatte sie sich so hilflos gefühlt. Was sollte sie
bloß tun?
Als die
Verzweiflung drohte, sie völlig zu überwältigen, nahm sie eine Bewegung vor dem
Fenster wahr. Jetzt wurde es noch grotesker: Ihre Großmutter schwebte draußen
vorbei und winkte. Sie bedeutete ihrer Enkelin, wieder zu ihr nach unten zu
kommen. Irrsinnigerweise erinnerte Frau Löffler das an Renaissance- und
Barockfresken, auf denen gerne mal nackte Personen durch die Gegend fliegen.
Sie wischte ihre Tränen mit dem Handrücken ab. Einen Trost hatte sie:
Wenigstens ihre Großmutter sah und hörte sie. Und sie liebte sie, was machte es
da schon, dass sie tot war? Vielleicht konnte sie ihr in dieser verstörenden
neuen Welt beistehen, konnte sie durch ihre Schrecken und Untiefen lotsen. Kaum
dachte Frau Löffler an den vertrauten Kaffeetisch aus rötlichem Kirschholz in
der Wohnung ihrer Großmutter, diesen Tisch, um den herum so viel Geselligkeit
stattgefunden hatte, saß sie auch schon dort.
Es brauchte eine
Zeit lang, den abrupten Ortswechsel zu verkraften. Glücklicherweise saß ihr
ihre Großmutter bereits gegenüber und erklärte ihr, dass man sich hier
fortbewegen konnte, indem man einfach intensiv an einen Ort dachte. Und nicht
nur das, man konnte auch durch Wände hindurchgehen oder -fliegen. Die Wände
existierten nur für die Lebenden, zu deren dreidimensionalem Raum sich noch
eine weitere Dimension, die Zeit, hinzugesellte. Die Toten hingegen, erklärte
ihre Großmutter, existierten in einem höherdimensionalen Paralleluniversum.
Dieses Paralleluniversum besetze denselben Platz wie die Welt der Lebenden, es
ginge durch sie hindurch, jedoch ohne sie zu berühren.
Die Lebenden
spürten normalerweise nichts von der Welt der Toten. Es gab aber Wege für die
Toten, auf die Lebenden einzuwirken. Die Toten konnten sich sogar sichtbar
machen und den Lebenden erscheinen. Das sah dann aus wie ein Hologramm, ein
dreidimensionales Bild, das in die Luft projiziert wurde. Es sah echt aus,
hatte aber keine Festigkeit; man konnte hindurchgreifen, hindurchgehen.
Frau Löfflers
Großmutter lachte: „Du kannst dir nicht vorstellen, welchen Schabernack manche
Verstorbene mit ihren ehemaligen Angehörigen treiben, wenn sie ihnen in der
Nacht als Geister erscheinen!“
Frau Löffler
staunte. Aber sie war auch entsetzt, und sie war neugierig, sie war
fassungslos, durcheinander und verängstigt, alles auf einmal.
Ihre Großmutter sah
sie an und lächelte milde. „Sei ganz ruhig. Anfangs ist alles verwirrend und
neu. Du gewöhnst dich aber rasch daran. Hier begreifst du nämlich im
Handumdrehen. In der Welt der Toten fallen gewisse Beschränkungen weg, die uns
in der Welt der Lebenden von allem möglichen Wissen und vielen Formen der
Erfahrung abgeschnitten haben. Die Welt der Lebenden ist eine Welt von Lahmen,
Blinden, Tauben, geistig Beschränkten, kurz: Gehandicapten.“
Frau Löffler
murmelte flau: „Aha.“
„Ich erfuhr zum
Beispiel von deinem Unfall im selben Moment, in dem er geschah, weil ich zu dir
eine sehr enge Verbindung fühle. So konnte ich dir einigermaßen gefasst
gegenübertreten. Und da ist noch viel mehr. Du kannst dich durch die Welt der
Lebenden frei bewegen, dort wie hier durch Dächer und Wände schweben,
beobachten, was dort vor sich geht … Oder du kannst dein Alter frei
wählen, etwa wie zwanzig aussehen … Und vieles mehr …“
Frau Enger hatte
das Mittagessen aufgetragen. Eigentlich musste man im Jenseits nichts mehr
essen, man konnte dort weder verhungern noch verdursten. Schlaf brauchte man
auch keinen. Manchen aber machte es Spaß, genauso weiterzuleben wie
zuvor. Sie wollten riechen und schmecken, die Dinge genießen, die sie im Leben
genossen hatten.
Herr Enger schöpfte
sich Tomatensoße auf die dampfenden Spaghetti und sagte zu seiner Frau: „Es ist
nicht normal, dass Eltern ihren Kindern das Leben schwer machen.“
„Wer sagt das?“,
antwortete Frau Enger kühl.
„Manche Dinge sind
einfach so. Sie haben sich in der Evolution bewährt.“
„Das ist mir egal.“
Frau Enger streute ihrem Gatten einen Löffel Parmesan über die Pasta.
„Wenn du so
weitermachst, ziehen unsere Kinder noch aus ihren Häusern aus.“
„Na und?“, sagte
Frau Enger nur.
Herr Enger schwieg
eine Weile und kaute.
„Ein Umzug würde
unsere Kinder schwer belasten. Sie haben schon genug um die Ohren. Vielleicht
schliddern sie in einen Burnout oder ihre Ehen zerbrechen und sie verlieren
ihre Arbeit …“
„Uns ging es doch
nicht besser. Wir hatten auch dauernd Probleme.“
„Aber keine, die
unsere toten Eltern mutwillig herbeiführten.“
Frau Enger musterte
die ufoartige Designerlampe über dem Esstisch.
„Woher willst du das wissen? Wo sind
unsere Eltern überhaupt? Die haben sich seit unserem Tod noch nie bei uns
blicken lassen. Kein gutes Zeichen.“
Herr Enger atmete
schwer. Er musste es loswerden: „Egal, wo sie jetzt sind, unsere Eltern hätten
uns nie etwas zuleide getan! Und auch du würdest deinen Kindern nie schaden,
wenn nicht dieser … dieser …“
Herr Enger wurde
tiefrot von der Stirn bis zum unteren Halsansatz. Er konnte nicht mehr
weitersprechen, hustete, spie Nudelstückchen samt Tomatensoße aus, würgte,
bekam kaum mehr Luft.
Frau Enger blickte
ihren Gatten ungerührt an, bis er sich wieder fing. „Ach, was du nur gegen
Herrn Tober hast?“
Herr Enger bekam
immer noch schwer Luft und keuchte: „Dieser Tober hat dir all die Flausen in
den Kopf gesetzt.“
Mehr brachte er
nicht heraus. Ein Hustenanfall, der nicht mehr aufhören wollte, nahm ihm die
Stimme.
Ihre Großmutter
redete bestimmt schon seit einer halben Stunde auf sie ein. Was sie sagte,
klang bizarr. Frau Löffler konnte folgen, konnte sich mühelos konzentrieren,
hatte aber so viele Fragen, die sie gar nicht alle zu stellen wagte. Um sich zu
beruhigen, blickte sie sich im Wohnzimmer um, betrachtete das schwere
Eichen-Buffet mit seinen Schnitzereien, das aus den Zwanzigerjahren stammte,
und die grüne Samtpolstergarnitur mit dem hellbraun lackierten Nierentisch.
Diese Möbel, die sie Jahrzehnte nicht mehr gesehen hatte, versetzten sie in
eine weiche, melancholische Stimmung, die sie besänftigte.
„Wir erfahren viel
nach unserem Tod“, erklärte die Großmutter und sah flüchtig zu den Gummibäumen
im Blumenfenster, „alles aber wissen wir nicht... Viele der Gestorbenen leben
weiter in ihren alten Häusern. Aber nicht alle.“
Frau Löffler sah
ihre Großmutter aufmerksam an.
„Dein Opa lebt
nicht bei mir. Und ich weiß nicht, wo er nach seinem Tod hin ist.“
Frau Löfflers
Großvater war vor ihrer Geburt verstorben, sie hatte ihn nie kennengelernt. „Du
hast mal gesagt, dass dir nach seinem Tod die Zeit mit ihm vorgekommen ist, als
hätte sie gar nicht existiert. Als hättet ihr gar nie zusammengelebt.“
Die Großmutter
wirkte nachdenklich und ging nicht auf die Bemerkung ihrer Enkelin ein. „Nicht
alle, die hier gelebt haben, sind hiergeblieben. Wo die hin sind, da habe ich
keine Ahnung.“
Ach, das war alles
so verwirrend. Frau Löffler fühlte sich einerseits überfordert, andererseits
wollte sie unbedingt mehr erfahren.
In der Stimme der
Großmutter schwang Verunsicherung mit. Frau Löffler spürte ein kleines
Vibrieren, als die Großmutter sagte: „Du weißt ja, ich bin im Pflegeheim auf
der Karlshöhe gestorben. Zum Glück war ich dort nur zwei Wochen nach meinem
Schlaganfall. Als ich mich nach meinem Tod in dieser Welt hier wiederfand,
spürte ich ein großes Verlangen, in meine Wohnung zurückzukehren.
Ich glaube, vielen
geht das so. Der erste Gedanke ist: Ich will nach Hause! Also landete ich
wieder in der Elbinger Straße. Deine Mutter hat, während ich noch im Pflegeheim
lag, meine Wohnung ausgeräumt und die Möbel verkauft. Was nicht wegging, endete
im Sperrmüll, bis auf meine Briefe und Fotos. Die Wohnung war also eigentlich
leer, aber für mich existierten meine Möbel an ihren einstigen Stellen weiter.
Ich konnte wieder hier einziehen und alles war beim Alten, mein ganzes Hab und
Gut war – für mich – noch da! Du siehst es ja selbst, sogar mein guter alter
Kaffeetisch. Das war natürlich eine riesige Erleichterung. Das Sterben ist ja
eine echte Zumutung, es überfordert die meisten. Und dann kommt das Leben nach
dem Tod. Das ist der zweite Schock. Natürlich bedeutet es Erlösung, Freude,
aber es ist auch verstörend. Man ist erst mal auf sich gestellt und ist dann
halt froh, wenn man in dieser neuen Welt doch noch die alte Welt wiederfindet,
in der man vor dem Tod gelebt hat.“
Frau Löfflers
Großmutter machte eine Pause und schenkte sich Kaffee nach. „Besonders
hilfreich ist es, dass man von Anfang an andere Verstorbene trifft, die man
vormals gut gekannt hat. Sie helfen einem, sie klären einen auf. Mit der Zeit
lebt man sich ziemlich gut ein.“
Sie blickte durch
ihr Blumenfenster auf die vorbeiziehenden Wolken.
„Irgendwann fragt
man sich aber, kann es das sein? Ist das der Sinn der Existenz, bis in alle
Ewigkeit in unseren kleinen Wohnungen jeden Nachmittag am Kaffeetisch zu sitzen
und selbstgemachte Erdbeermarmelade mit Hefekranz zu verputzen?“
Frau Löffler
schluckte. Sie spürte einen Hauch von Verzweiflung. Negative Gefühle gab es
allem Anschein nach auch hier, genau wie in der Welt der Lebenden.
Die Großmutter
bemerkte prompt die Verunsicherung ihrer Enkelin. Sie strich ihr sanft über die
Hand und blickte sie liebevoll an.
„Wie gesagt, wir
wissen nicht alles … Es scheint hier unterschiedliche Entwicklungsstufen
zu geben, und dein Opa ist sicher schon weiter. Diejenigen, die in ihren alten
Wohnungen und Häusern bleiben, hängen womöglich noch zu sehr am Materiellen.
Irgendwann werden auch wir weiterziehen. Irgendwer wird uns hoffentlich
mitnehmen.“ Sie seufzte. „Hier braucht man keinesfalls zu verzagen … Es
ist schön hier.“
Sie zögerte, dann sah sie ihre Enkelin mit
ernstem Blick an und sagte: „Aber irgendetwas stimmt hier dennoch nicht.“
„Etwas stimmt hier
nicht?“, echote Frau Löffler und spürte eine Beklemmung in der Brust.
„Anfangs stellt man
sich keine Fragen. Man lernt nur, sich in der neuen Umgebung zurechtzufinden.
Man passt sich an. Man richtet sich ein. Ist das geschafft, kommen einem die
ersten Dinge merkwürdig vor.“
Die Großmutter
flüsterte. Warum? Wer konnte sie noch hören? Vor wem hatte sie Angst?
„Was heißt das?“,
fragte Frau Löffler.
Die Großmutter
sprach noch leiser, sodass Frau Löffler sich über den Tisch beugen musste.
„Das heißt, es ist
hier nicht so, wie es im Jenseits sein sollte.“
Frau Löffler nickte
nur und blickte ihre Großmutter verdattert an, begierig, mehr zu erfahren.
Ihre Großmutter
mimte die Silben stärker als notwendig.
„Wenn du hierher
gelangst, weißt du plötzlich sehr viel, verstehst sehr viel, bist hundertmal
intelligenter als zu deinen Lebzeiten.“ Sie seufzte, als täte ihr etwas leid.
„Aber die Toten sind nicht einen Deut vernünftiger.“
Was sollte das
genau heißen, fragte sich Frau Löffler?
Das Flüstern der
Großmutter wurde zu einem Zischen. „Die Toten sind genauso schlecht wie die
Lebenden. Sie haben dieselben üblen Eigenschaften. Hass, Neid, Eifersucht, Gier
und so weiter.“
Frau Löffler war
verblüfft. War sie wirklich im Jenseits, dann hatte sie es sich so jedenfalls
nicht vorgestellt.
„Zu einer höheren
Intelligenz passt eine höhere Moral, sollte man meinen. Hier gibt es aber
überall niederen Tratsch und Zank. Und seit Neuestem auch Böseres.“ Böseres
betonte die Großmutter in einer Weise, dass Frau Löffler ein Prickeln auf den
Unterarmen und ein Kitzeln an der vorderen Kopfhaut spürte.
„Es könnte hier so
schön sein. Selbst wenn die Toten nicht perfekt sind. Richtig idyllisch …,
wenn da nicht dieser Herr Tober wäre.“
Das Gesicht der
Großmutter verzerrte sich beim Namen Tober zu einer Grimasse. Frau
Löffler bekam augenblicklich Angst. So aufgebracht hatte sie ihre Großmutter
früher nie gesehen.
„Wer ist das?“,
fragte sie verwirrt.
„Er wohnt auf dem
zugewachsenen Grundstück, hinter dem die Felder beginnen. Dort drinnen ist ein
Holzhaus, das man von außen nicht sieht.“
Frau Löffler
wusste, welches Grundstück ihre Großmutter meinte. Dort war ein verwilderter
Fleck Land, der niemandem gehörte und nicht bewohnt war. Durch die Büsche
konnte man eine Art Gartenhaus oder Geräteschuppen aus dunklem, morschem Holz
erkennen. Merkwürdig, sie schaute sich doch sonst immer gerne im Vorbeifahren
die verlassenen Häuser und Gärten an, aber diesen Fleck hatte sie nie
sonderlich beachtet. Die wenigen Male, die sie im Vorbeiradeln hingesehen
hatte, war ihr das Grundstück unheimlich vorgekommen, wie es so vor sich hin
verwilderte.
„Dieser Herr Tober
ist schuld daran, dass die Stimmung in unserem Viertel kippt. Ich bin
felsenfest davon überzeugt, wenn er nicht die toten Bewohner unseres
Viertels aufstacheln würde, könnten wir hier trotz unserer noch bestehenden
Macken in Frieden leben.“
„In dem verfallenen
Holzschuppen wohnt jemand? Der war doch immer leer?“ Frau Löffler konnte sich
das schlecht vorstellen.
Die Großmutter
flüsterte nun nicht mehr, sie ereiferte sich. „Das Haus sieht nur von außen ein
bisschen verwittert aus. Innen ist es vollständig renoviert.“
Das ging Frau
Löffler nun doch zu weit. Vielleicht, schoss es ihr durch den Kopf, befand sie
sich doch nur in einem Traum?
Dennoch, die
Neugier blieb, also stellte sie einfach die nächste, folgerichtige Frage. „Und
was tut dieser Herr Tober genau?“
Die Großmutter rieb
sich die Hände: „Er macht den Toten weis, wir hätten hier, in unserem Viertel,
das Paradies, wenn wir erst einmal die Lebenden vollständig daraus vertrieben
hätten.“
„Stören euch die
Lebenden denn?“, wollte Frau Löffler wissen.
Die Großmutter
senkte den Blick, als wäre ihr etwas peinlich.
„Hier unten, in
meiner ehemaligen Wohnung, bin ich momentan ungestört, sie steht ja leer. Wenn
aber wieder eine lebende Person hier einzieht, bemerke ich diese Person von
Zeit zu Zeit. Ich kann sie nicht permanent ausblenden.“
Sie sah ihre
Enkelin an, als wollte sie sich entschuldigen.
„Das stört. Es ist
ein fremdes Element. Du bist nicht mehr vollständig zu Hause.“
„Ich verstehe“,
sagte Frau Löffler, um ihre Großmutter zu beruhigen, und verstand dabei fast
nichts. Wo war sie nur hingeraten?
„Liebstes Fräulein
Kanter. Bald haben Sie es geschafft. Dann sind Sie endlich wieder Herrin in
Ihrer eigenen Wohnung.“
Frau Kanter
lächelte entzückt. Sie fühlte sich geschmeichelt.
Vor vielen Jahren
war sie in der Toilette der Grundschule, an der sie als Sekretärin des
Direktors gearbeitet hatte, einem tödlichen Herzinfarkt erlegen. Es hatte
gedauert, bis sie begriff, dass es danach weiterging.
Entfernte Verwandte
hatten für die ledig gebliebene Frau Kanter ein Urnenbegräbnis arrangiert. Frau
Kanter hatte völlig verstört ihrer eigenen Beerdigung über der winzigen
Trauergemeinde schwebend beigewohnt, dann hatte sie es nach Hause gezogen. Wo
sollte sie sonst hin?
Als sie vor ihrer
Wohnung in einem Sechzigerjahre-Mehrfamilienhaus in der Elbinger Straße stand,
wurde sie von ihrer ehemaligen Nachbarin Frau Meilner, die vor ihr verstorben
war, begrüßt und zu sich eingeladen.
Auch wenn Frau
Meilner ihr vieles erklärt hatte, war Frau Kanter noch lange nach ihrem Tod
verstört und unzufrieden gewesen. Sie hatte wie zuvor wenige Bekannte, lebte
als alleinstehende Frau isoliert, und zu ihrer Unbill zogen irgendwann die
Kaliphas, eine syrische Familie mit zwei Kindern, in ihre lauschige
Dreizimmerwohnung ein.
Frau Kanter hatte
es sich zwar gemütlich gemacht in ihrer früheren Wohnung; alles war
erfreulicherweise genauso wie vor ihrem abrupten Ableben. Die Kaliphas tauchten
aber immer wieder bei ihr auf, durchquerten ihr Schlafzimmer, wenn sie sich
gerade hinlegte, kamen ins Bad, wenn sie duschte. Und sie gingen einfach durch
sie hindurch.
Es waren zwar immer
nur Momente; die Kaliphas blitzten kurz auf und waren wieder fort. Diese
Momente störten sie aber gewaltig. Frau Kanter fühlte sich so noch einsamer in
ihren eigenen vier Wänden. Wie gut hatte es da Frau Meilner, deren Wohnung nach
ihrem Tod nicht mehr vermietet worden war und seit vielen Jahren leer stand.
Bei ihrem täglichen
Spaziergang durch die Felder, den sie schon zu Lebzeiten immer unternommen
hatte, lernte Frau Kanter an einem Frühlingstag Herrn Tober kennen. Etwas an
ihm fand sie ungemein gewinnend. Vielleicht hatte sie sofort Vertrauen gefasst,
weil er ihrem Chef verblüffend ähnelte, dem Schuldirektor Dr. Bodenmüller, den
sie ihr halbes Leben lang verehrt hatte. Herr Tober hatte nicht nur dessen
große, schlanke Statur und die herben, asketischen Gesichtszüge. Tobers grauer,
unauffällig gemusterter Anzug entsprach dazu exakt dem englischen Stil, den Dr.
Bodenmüller für seine Garderobe gewählt hatte. Und so hatte sie die Einladung
zum Tee in sein Holzhaus angenommen, ohne sich etwas Schlechtes dabei zu
denken. Im Übrigen, was hätte passieren sollen, sie war ja schon tot.
Herr Tober machte
Frau Kanter Komplimente. Er war dabei nie aufdringlich. Sie fühlte sich endlich
wieder schön und jung, sie fühlte sich verstanden, in ihrem ganzen Sein
gerechtfertigt. Herr Tober vermittelte ihr, dass sie etwas ganz Besonderes war.
Er begriff genau, was ihr fehlte, worunter sie litt, und er wollte ihr helfen.
Er weihte sie sogar in seinen geheimen Plan ein, aus dem Viertel ein Paradies
zu machen.
Seither spielte sie
nach Herrn Tobers Anleitungen den Kaliphas täglich, insbesondere nachts,
Streiche. Ziel war es, die Kaliphas zum Ausziehen zu bewegen. Wenn Frau Kanter
dann wieder ihr Terrain zurückerobert hätte und die anderen toten Einwohner des
Viertels ebenfalls ihre Behausungen von den Lebenden befreit hätten, wenn das
ganze Viertel schließlich wieder in den Händen der rechtmäßigen Besitzer wäre,
dann begänne für alle das Paradies, hatte ihr Herr Tober versichert.
„Sie sehen heute
wieder entzückend aus, liebes Fräulein“, flötete Tober und schenkte ihr einen
Tee mit Rum ein.
Frau Kanter hatte
ihre Jungmädchengestalt angenommen und warf ihm einen schwärmerischen Blick zu.
„Bald, sehr bald,
veranstalten wir etwas Besonderes in Ihrer Wohnung. Ihre lieben Nachbarn werden
dabei sein und auch ich werde helfen. Wir wollen doch mal sehen, ob wir die
Syrer nicht ein für alle Mal zum Auszug bewegen können.“
„Ach, Sie sind so
wunderbar. Ich weiß gar nicht, was ich sagen soll. Ich stehe tief in Ihrer
Schuld.“
Herr Tober lächelte
Fräulein Kanter an und tätschelte ihren Arm. Seine Hand fühlte sich kalt an,
aber wen wunderte das? Schließlich waren sie tot.
Wie viele andere
Verstorbene beschloss Frau Löffler, vorerst in ihrem letzten Zuhause zu
bleiben. Zumindest so lange, sagte sie sich, bis sie besser begriff, was hier
eigentlich los war und was es sonst noch für Möglichkeiten für sie gab.
Sie wohnte im
Dachstock über der Wohnung ihrer Mutter. Als die Mutter pflegebedürftig
geworden war, war Frau Löffler zurück in ihr Elternhaus gezogen. Sie war ledig,
hatte keine Kinder und konnte sich daher ganz der Mama widmen. Arbeiten konnte
sie als freie Autorin und Übersetzerin überall. Die Möbel aus ihrer früheren
Wohnung, die sie in den drei kleinen Dachzimmern nicht unterbringen konnte,
lagerten in einem Container. Irgendwann, wenn das alles vorbei wäre, würde sie
woanders ein neues Leben beginnen, hatte sie sich immer gesagt.
Inzwischen suchte
Grazyna bereits überall nach ihr, telefonierte herum. Ohne Erfolg. Am nächsten
Morgen kam die Polizei ins Haus und berichtete von Nadja Löfflers Unfall.
Frau Löffler fühlte
sich jämmerlich; sie konnte ihrer Mutter nicht mitteilen, dass es ihr gutging.
Sie schwebte durch die Zimmerdecke hinunter zu ihr und setzte sich neben sie,
um wenigstens in ihrer Nähe zu sein. Nach einer Weile war es ihr, als könnte sie
Geräusche im Kopf ihrer Mutter hören.
Tatsächlich, zuerst
ganz leise wie ein Flüstern, dann immer lauter, und langsam verstand sie Worte
und sogar einzelne Sätze. Hier ein Gedanke, dort ein Gedanke, unverknüpft,
Erinnerungsfetzen, eine Beobachtung, die sich auf etwas im Zimmer bezog, alles
ging durcheinander. Irgendwann begriff Frau Löffler, dass sie die Gedanken
ihrer Mama lesen konnte, in Echtzeit. Konnte das sein? Es war überwältigend und
verwirrend …
Sie versuchte
dasselbe mit Grazyna, blieb dicht neben ihr, während die ihren Verrichtungen
nachging. Grazyna dachte an ihre Familie, an ihren nächsten Urlaub, aber auch
an Nadja Löfflers schrecklichen Unfall, und es tat ihr sehr leid. Der Unfall
verängstigte sie. Wie würde es jetzt mit Nadjas Mutter Rose Löffler
weitergehen? Wer übernahm die Verantwortung? An wen sollte sich Grazyna wenden?
Frau Löffler konnte
Grazynas Gedankengängen gut folgen, sie waren kohärent. Und ihr wurde klar,
dass ihre Mama im Kopf verwirrter war, als sie zu ihren Lebzeiten angenommen
hatte.
Die Mama hatte
häufig bejahend gelächelt, wenn Frau Löffler sie etwas gefragt hatte. Sie hatte
das als Einverständnis interpretiert. Dabei hatte die Mama sicher schon lange
nichts mehr verstanden, und das Lächeln war wohl so eine Art Überlebensreflex
gewesen – einer freundlichen Person tut man weniger an.
Was sie eigentlich
hätte erschüttern sollen – der ungeheure Grad von Chaos im Kopf ihrer Mama –
war für sie eine Erleichterung: Die Mama würde ihr Verschwinden womöglich gar
nicht mehr begreifen und auch nicht darunter leiden. Sie wusste sicher nicht
einmal mehr, was ein Unfall war. Sie lebte in einem weder glücklichen noch
unglücklichen Nirwana. Mit fortschreitendem geistigem Verfall würde ihre
geliebte Mama nur noch Körpergefühle empfinden, ein wenig Hunger, ein wenig
Durst, Abneigung gegen Gurken, Hitze, Kälte, Schmerz.
Es gab, das wurde
ihr klar, ein gnädiges Schicksal. So litt man weniger, verschwand einfach jeden
Tag ein bisschen mehr. Nur weniges, wie Licht, Wärme, ein Luftzug, eine
Berührung, erreichte sie noch und löste eine Reaktion aus, etwas Instinktives.
Wenn sie später hinüberkam, zu ihrer Tochter, würde es für sie wie ein Erwachen
aus einem jahrelangen Schlaf sein, behauptete Frau Löfflers Großmutter. Sie
würde länger brauchen als die anderen, bis sie sich in der neuen Welt
orientieren konnte. Das ginge allen Dementen so.
Herr Dr. Krepp
hatte die Annäherungsversuche von Herrn Tober satt. Herr Tober war zwar einer
der Wenigen, der ihn nach seinem Tod noch mit Herrn Doktor Krepp
ansprach, was ihm überaus gefiel, hatte er seinen Titel doch hart erarbeiten
müssen. Es war ihm aber auch klar, dass Tober ihm schmeichelte, um ihn für sich
zu gewinnen. Tober wollte ihn bestechen, wollte, dass er, Dr. Markus Krepp, bei
seinem ruchlosen Plan mitmachte, das Viertel von den Lebenden zu säubern.
Dass das Viertel,
wenn nur noch Tote dort wohnten, zum Paradies werden würde, konnte sich Dr.
Krepp nicht vorstellen. Überhaupt bezweifelte er, dass es hier ein Paradies
geben könnte. Die Toten, die er von früher kannte, waren so launisch und
unaufgeklärt wie zu ihren Lebzeiten; mit solchen Leuten war kein Himmelreich zu
machen. Wenn es denn so ein Paradies überhaupt gab, dann höchstens an einem
geheimen Ort, den er noch nicht kannte.
Dr. Krepp schnitt
wütend die Hecke seines Einfamilienhauses. Er tat aus alter Gewohnheit, was er
kurz vor seinem Tod, mit zweiundneunzig, noch mit letzter Kraft bewältigt
hatte. Beim Schneiden ebendieser Hecke war er von der Leiter gefallen und in
seine elektrische Schere gestürzt. Ein schauriges Blutbad. Ihm selbst hatte es
allerdings nichts ausgemacht. Die Schere hatte ihm die Halsschlagader
durchtrennt. Er war schneller tot gewesen, als seine Schmerzrezeptoren und sein
Gehirn es mitbekommen konnten.
Herr Dr. Krepp war
frustriert. Er musste daran denken, wie die Kirche ihre Gläubigen zu Lebzeiten
aufs Paradies vertröstete. Er hatte schon damals nicht an das Paradies
geglaubt. Was sollte dort vonstattengehen? Ewiges Beten und Singen? War das
erstrebenswert? Nicht für ihn! Er war mit einem ausufernden Wissensdurst
geboren worden, er wollte die innersten Geheimnisse der Materie ergründen. Und
jetzt, wo er im Jenseits angelangt war, regte sich wieder das Geschwätz vom
Paradies, überdies in Gestalt dieses abgeschmackten Herrn Tober mit seinem
Maßanzug, der wie der Kundenberater einer Kreissparkasse daherkam.
Während das
Paradies, das die Kirche ihm verheißen hatte, bemerkenswert verschwommen blieb,
war das Paradies von Herrn Tober vollkommen konkret in seiner Spießigkeit.
Jeder Tote sollte wieder unumschränkter Herr seiner früheren vier Wände sein –
das war‘s schon! Es war so erbärmlich wenig, dass sich natürlich von vornherein
verbot, damit so etwas Optimales wie ein Paradies zu verbinden.
Herr Tober wollte
ihm also etwas abscheulich Billiges andrehen, das ihn überhaupt nicht
interessierte, und dafür sollte er in Zusammenarbeit mit seinen toten Nachbarn
zuerst einmal die Lebenden aus den Häusern und Wohnungen der Elbinger Straße
vertreiben und später dann diejenigen der Königsberger, Thorner, Posener und
Eugen-Nägele-Straße. In diesem Carré, vertraute ihm Tober an, gäbe es eine
kritische Masse leerstehender Häuser, die von ihren verstorbenen Besitzern und
Mietern bereits störungsfrei bewohnt würden, eine ideale Konstellation, die es
ungemein erleichterte, die noch im Viertel Lebenden zu vertreiben.
Mit dem Gerede von
der kritischen Masse wollte er den Naturwissenschaftler in ihm ködern.
Wer war überhaupt dieser Herr Tober? Was hatte er davon, wenn die Toten das
Gebiet beherrschten?
Herr Krepp war es
gewohnt, analytisch vorzugehen, und das hieß, im Bereich menschlicher
Beziehungen danach zu fragen, welche Interessen die Beteiligten hatten. Das
Interesse des Herrn Tober an einer lokalen Herrschaft der Toten war ihm
schleierhaft. Etwas Gutes, so viel konnte man ungefähr ableiten, war damit
jedenfalls nicht verbunden.
Die Sauers hatten
sich immer als etwas Besseres gefühlt. Sie hatten auf ihre Nachbarn
herabgesehen. Herr Sauer war Finanzvorstand derselben Kreissparkasse gewesen, die Herr
Enger als Vorstandsvorsitzender geleitet hatte. Auch auf die Engers sahen sie
herab, insbesondere auf Frau Enger, die nicht einmal das Abitur geschafft
hatte. Frau Sauer hatte ihre zwei Söhne nach humanistischen Grundsätzen
erzogen, um sie bestmöglich auf ihre Karriere vorzubereiten. Sie hatte
literarische Nachmittage im Haus veranstaltet, was ihr mit ihrem
Germanistikstudium nicht nur leichtfiel, sondern ihr auch ein wichtiges
Anliegen war. Nach ihrer Ansicht hob man sich durch literarische Bildung vom
Rest der Menschheit ab. Als die Sauers im Alter pflegebedürftig wurden, waren
sie ins Heim gekommen: Ihre Söhne wohnten in
München, weit weg also.
Das Haus der Sauers war halb verfallen
gewesen, als die Söhne es nach dem Tod ihrer Eltern an die Klingers verkauften,
eine aufstrebende junge Familie mit zwei Söhnen. Die rissen das Haus
großenteils ab und errichteten auf den Grundmauern ein völlig neues Gebäude.
Obwohl für die Sauers ihr Haus noch genauso
aussah wie vor ihrem Tod, störte es sie, was die junge Familie damit
veranstaltet hatte. Insbesondere Herr Sauer hegte einen tiefen Groll gegen die
Klingers. Er war immer der Ansicht gewesen, sein Haus sei grundsolide gebaut.
Auch nach seinem Tod wollte er nicht einsehen, wie sehr er es in den letzten
Jahrzehnten hatte verwahrlosen lassen. Er hatte jegliche Reparatur oder
Erneuerung aufgeschoben, bis er starb. Hätte es sich um ein altes Haus mit
gediegener Bausubstanz gehandelt, wäre etwas zu retten gewesen. Das Viertel
bestand aber ausschließlich aus Häusern, die in den Sechzigerjahren gebaut
worden waren, aus rasch und kostengünstig errichteten Nachkriegshäusern. Die
konnte man nur noch abreißen, wenn man dreißig Jahre lang nicht renoviert
hatte.
Herr Tober, dessen Holzhütte schräg
gegenüber vom Haus der Sauers lag, stieß bei Herrn Sauer auf offene Ohren.
Unbedingt und mit allen Mitteln wollte Herr Sauer die Eindringlinge, die sein
Heim verunstaltet hatten, verjagen. Frau Sauer konnte die Wut ihres Mannes
nicht vollständig nachvollziehen. Als Herr Tober ihr aber ganze Nachmittage lang aus Thomas
Bernhard vorlas und dabei Bernhard zum Verwechseln ähnlich sah, wollte auch sie
ihren Teil dazu beitragen, die Klingers zu plagen, bis sie endlich auszogen.
Die ledig gebliebenen Schwestern Henne, die mit ihrer Mutter ein
Reihenhaus bewohnt und ein Handarbeitsgeschäft betrieben hatten, litten genauso
stark wie Herr Sauer unter den Lebenden. In ihrem Haus hatten sich nach ihrem
Tod Griechen breitgemacht, wie sie es ausdrückten. Ein griechisches
Rentnerehepaar, ehemals Gastarbeiter, war nach dem Tod der Schwestern in das
Henne-Haus eingezogen. Die Griechen stellten alles dar, was die Hennes
verachteten. Sie waren Ausländer und in ihren Augen dick, dumm, faul und obendrein
noch ziemlich dunkelhäutig.
Die Hennes waren im Dritten Reich stramme BDM-Mädchen gewesen, und die
Mutter Henne hatte zu den glühendsten Verehrerinnen Hitlers gehört. Die
Schwestern hatten in ihren jüngeren Jahren jeden Tag Sport getrieben, sich dem
Turnen und Schwimmen gewidmet, strikt Naturkost gegessen und ihre Tage mit
eiserner Disziplin eingeteilt. Sie waren um Punkt sechs aufgestanden, abends um
Punkt zehn im Bett gewesen – und in den Ferien heimlich an einen FKK-Strand
gegangen.
Die Sauers hatten sich zu Lebzeiten über die Hennes lustig gemacht. Die
Mutter hatten sie als Despotin bezeichnet. Die jüngere Schwester hatte ihrer
Ansicht nach Stroh im Kopf, die ältere war kaum klüger; daran hatte sich für
die Sauers nach dem Tod nichts geändert.
Was ihnen im Jenseits Rätsel aufgab, war die Mutter Henne. Sie wohnte
nicht mehr mit ihren Töchtern zusammen. Und diese hatten noch kein Wort darüber
verloren, warum das so war. Möglich, dass sie es selbst nicht wussten.
Es gab noch etwas, das sich nach dem Tod geändert hatte: Zu Lebzeiten
hätten Sauers und Hennes nie ein gemeinsames Projekt erwogen. Jetzt waren sie
durch Herrn Tober und das gemeinsame Ziel, die Lebenden aus ihrem Viertel zu
vertreiben, verbunden.
Da die Hennes auch nach ihrem Tod immer
noch auf Männersuche waren, hatten sie die Einladung von Herrn Tober gierig
angenommen, zumal Herr Tober groß, muskulös und blond war und die Hennes im
Befehlston ansprach. Das imponierte beiden.
„Ach, Herr Tober, Sie sind so
gebieterisch“, begeisterte sich die eine.
„Herr Tober, befehlen Sie, wir folgen
Ihnen“, versprach die andere.
Wie konnten sie auch nicht Herrn Tobers
Anweisungen Folge leisten, wo er doch genau aussprach, was ihnen am Herzen lag?
Das Viertel musste von den zugezogenen Fremdlingen gesäubert werden. Sie waren
minderwertig und drohten, die Volksdeutschen zu verdrängen, egal, ob
diese nun lebten oder tot waren.
…
Die Toten von nebenan
Die Toten von nebenan - 1
Sterbewohl
