Ina May

In Kempten im Allgäu geboren, in Nesselwang aufgewachsen, verbrachte sie einen Teil ihrer Jugend in San Antonio/Texas, war auf einer High School und auf einer Klosterschule.

Nach der Rückkehr in die bayerische Heimat absolvierte sie ein Europasprachenstudium und arbeitete als Fremdsprachen- und Handelskorrespondentin für amerikanische Konzerne.

Heute ist sie freie Autorin, schreibt Kriminalromane, historische Krimis, Kinder und Jugendbücher, Kurzgeschichten und Artikel für Journale.

- In der Endrunde des Walter Kempowski Förderpreises der Hamburger Autorenvereinigung 2017

- Einladung zum, Krimifestival Iceland Noir in Reykjavik und einer Wohnzimmerlesung bei der Isischen Bestsellerautorin Yrsa Sigurðardóttir, zusammen mit Peter James, Hans-Jürgen Stockerl, Billie Rubin und Sabine Thomas, 2014

- Nominiert für den Jacques-Berndorf-Krimipreis 2013 (der Titel >Die Tote im Maar<, Eifelkrimi - erschien 2013 bei Emons)

- Gewinnerin des Krimi Stipendiums Tatort Töwerland, 2010

Autorenhomepage

Leseproben & Dokumente

Nacht überm Chiemgau

Nacht überm Chiemgau Homesitting nennt sich ihre neue Aufgabe. Auch irgendwie spannend, meint die ehemalige Kriminalkommissarin. Juliane Leitermann kümmert sich im Moment um Heim und Hund eines Kunstsammlers in Marquartstein. In dem kleinen Ort herrscht große Aufregung über das Verschwinden einer jungen Frau. Juliane hat wirklich nicht die Absicht, sich einzumischen, sie hat ein anderes Problem. Ihr Mörder ist auf freiem Fuß … Gretel und ich hatten uns aufgemacht – hinauf auf unseren Hügel. Ich ließ die Hundedame ein Stückchen laufen, dann knickte sie plötzlich ein. Als ich mich hinunterbückte, verdrehte Gretel ein wenig schwachsinnig die Augen. »Du mimst hier nicht die Erschöpfte.« Ich war gerade offenbar nicht die Überzeugungskraft in Person. Gretel kippte zur Seite. Wollte sie mir sagen, Laufen auf kürzeren Beinen sei anstrengender? Konnten Hundedamen in Ohnmacht fallen? Jetzt hör aber auf, ermahnte ich mich und kam mir richtig, richtig albern vor. Konnten Hundedamen so tun, als ob … Berechnung? Ich verzog den Mund. Wahrscheinlich war Gretel nur hundemüde, genau wie ich. Ich hob sie auf und zockelte mit ihr weiter. Gegenüber vom Wehrhaus führte der Weg den Hang hinauf. Der Fluss klang zu dieser späten Stunde nicht die Spur müde. Meine Lider dagegen waren schwer. Doch … Es war ein Gefühl, das mir schauerartig über den Nacken huschte. Der Moment, in dem ich nicht länger allein war? Ich glaubte, im Schatten einen noch dunkleren Schatten gesehen zu haben. Ungebeten drängte sich Benno Seitlein in meine Gedanken. Mini war schuld, sie hatte mich angesteckt mit ihrem »Du traust dich, wo Benno Seitlein dir an der nächsten Ecke auflauern könnte …«. Als wäre eine Empfindung wirklich übertragbar, wie eine Krankheit. Gretel hatte ihren Kopf vertrauensvoll in meine Armbeuge geschmiegt, sie schien selig, gab keinen Laut von sich. Ich traute ihr nicht unbedingt Großartiges zu, aber sollte sie nicht wenigstens eine Gefahr wittern? Tat sie nicht. Der Schein der Straßenbeleuchtung war orangefarben, wie sollte man da irgendetwas erkennen? Ich schaute hinter mich. Nichts. Ich lief ein paar Schritte weiter, drehte mich um. Nichts. In der spärlichen Helligkeit begegnete mir nur mein eigener Schatten, der sich auf dem Weg ausgestreckt hatte. Gretel und ich erreichten die Felder’sche Haustür, der Bewegungsmelder sprang an, der war richtig hell, ich schaute noch einmal zurück. Baum und Strauch und Gras hielten sich ruhig. Konnte mich mein Gefühl, das ich einmal meinen Instinkt genannt hatte, wirklich so täuschen? Dann hielt ich den Hund vor die Tastatur der Alarmanlage und stellte fest: Ich musste zuerst auf meinen Zettel schauen, natürlich kannte ich den Code nicht auswendig. Ein Griff in meine Jackentasche, das Aufklappen des Zettels. Himmel, hatte ich winzig geschrieben. Ich musste Gretel absetzen. Wie viele Vertipper man sich leisten konnte, bis womöglich die Kavallerie anrückte, hatte ich Maximilian zu fragen vergessen. Ich leistete mir keinen, obwohl ich dabei mit einem Auge auf Gretel schielte. Als ich endlich die Tür hinter uns zumachen und den Hund in sein Bettchen bringen konnte, fühlte es sich nach einem sehr langen Tag und einer unterbrochenen Nacht an. Der Korb war unauffällig klein und das Stofftier darin größer als die Bewohnerin. Die Hundedame schlief mit einer Giraffe ein. »Gute Nacht, Kleine«, wünschte ich ihr. Wachgerüttelt wurden wir beide, als ich jetzt die blinkende Anzeige des Anrufbeantworters registrierte und ganz automatisch die Taste drückte. »Hallooo, hier sind die Felders, wir sind gut angekommen. Gretel, sei anständig und mach uns keine Schande.« Mein Gott! Während Gretel im Korb noch einmal hochschreckte, hämmerte ich auf das Gerät ein, dass es bitte wieder leise sein sollte. Der Hund schaute mich verdattert an, legte die Schnauze auf den Korbrand und sah beleidigt aus. Ich zuckte mit den Schultern. Der Rest der Nacht sollte uns gehören. »Ich werde deinem Herrchen nicht erzählen, dass du dich kein bisschen gefreut hast, seine Stimme zu hören«, erklärte ich. Was mich darauf brachte, mein Telefon auszuschalten. Jetzt sollte niemand mehr etwas wollen. Ungezählte Minuten später. Ich hatte die nötigen Handgriffe vor der Nachtruhe schon samt und sonders hinter mich gebracht. Die Bettdecke war zurückgeschlagen. Ich schlüpfte aus den Sachen und in mein Baumwollnachthemd, schaltete die Lampe auf dem Nachtschränkchen ein und lief zur Tür, um sie einen Spalt aufzumachen – falls die Hundedame sich schlecht fühlte. Hoffentlich Unsinn. Noch mehr Unsinn war, dass ich meinte, ich müsste einen Blick nach draußen werfen. Wirklich bloß einen Blick. Das Gästezimmer lag seitlich zum Garten hin, ich konnte über die Sträucher hinwegsehen, auf ein Stück Straße dahinter; der letzte Knick, bevor der Asphalt ungemütlicher, durch Kies und Sand ersetzt wurde und die Wander- und Radwege begannen. Im Dunkel hinter dem Saum des Waldes rief irgendwo ein Käuzchen. War da auch eine Stimme? Ich hatte die Balkontür gekippt, was mir nicht verriet, woher die Stimme kam. Einen Moment überlegte ich noch, ob ich wirklich nachschauen sollte. Im nächsten lief ich schon zum breiten Küchenfenster, das auf den Burgweg hinausging. Wer jetzt noch unterwegs war, hatte mit Sicherheit ein Geheimnis. Dieses teilten sich zwei, der nächtliche Schall trug weit. Das wollte ich genauer wissen. Auf der Terrasse stand ich hoffentlich nicht auf dem Präsentierteller. Ich schlich hinaus, achtete darauf, mich kleiner zu machen, wagte kaum, laut zu schnaufen, und spitzte die Ohren, obwohl das nicht nötig war, solange ich mich nicht durch einen Laut verriet – oder Gretel das übernahm. Eine junge Frau zog an einem vielleicht noch jüngeren Kerl. Einem Kind, wenn meine Augen und die Straßenlaterne nicht trogen. Entrüstet dachte ich daran, dass das doch nicht ging, in dem Alter gehörte man um die Zeit längst ins Bett. »Bazi, überleg doch – sie ist bestimmt nicht bei ihm! Der Lehrer ist verheiratet, da kann man nicht machen, was man will und mit wem man es will. Nicht zu jeder Zeit.« »Weiß ich doch, aber ich kriege schon die ganze Zeit ein Bild nicht aus dem Kopf.« Eine Tränenstimme, obwohl ich es nicht sehen konnte. Ich horchte und hoffte, sie würde ihn fragen, was für eins. »Was für ein Bild?«, kam es auch. »Was sollen wir hier oben, mitten in der Nacht?« »Kohlschreiber fährt einen Jaguar. James Bond hatte mal so einen, Antonia findet ihn edel.« Der Junge unterbrach sich, lachte kurz auf. »Das Auto. In Filmen liegt die Leiche im Kofferraum.« Um Himmels willen, wie kam er denn darauf? Dieses Bild war zum Einschlafen wirklich alles andere als ganz großes Kino! Ich schüttelte den Kopf und sah die junge Frau den ihren schütteln. »Wir denken uns was aus, aber wir können nicht einfach irgendwo einbrechen – außer, wir brechen ganz woanders ein.« Der nachfolgende Vorschlag wurde geflüstert, ich konnte nicht hören, wo eingebrochen werden sollte. Aber es klang nicht nur so dahingesagt. Seine Stimme war wieder lauter, als er fragte: »Sie ist nicht freiwillig weg, oder?« Er zog die Nase hoch. Ich hatte längst begonnen mitzufühlen. »Antonia hätte sich gemeldet, ganz sicher. Da ist etwas passiert.« Sie war zu ihm so offen, wie sie konnte, dachte ich mir. Es ging um die Verschwundene. »Wir finden es doch raus?«, wollte er wissen. Seine Angst war mit Händen zu greifen. »Und ob!«, lautete die Erwiderung. Ein Versprechen. Sie hatte sicher nicht weniger Angst.

Radibutz

Als Evelyn an diesem Morgen das Haus verließ, roch die Luft nur nach dem Regen. Wie sollte einem auch ein sich näherndes Unheil schon zuvor in die Nase steigen. An ihrem Schreibtisch im Nesselwanger Rathaus saß die Erste Bürgermeisterin zurückgelehnt, aber kein bisschen entspannt. Da war kein klarer Gedanke zu fassen – seit sich die Handwerker der Firma Schimmling im Nesselwanger Rathaus austobten. Renovierungsarbeiten. Es lärmte und staubte ungemein. Sie wage kaum, ihren PC hochzufahren. Hoffentlich waren die Spezialisten, wie sie sich nannten, bald fertig, und sie musste nicht noch einmal hören: »Mir hand do no ebbas gseache.« Was anschließend natürlich unbedingt sofort in Angriff genommen werden musste. Inmitten des Baulärms glaubte Evelyn ein Klopfen zu hören. Es konnte nur Peter Pamel sein, der Hauptamtsleiter, denn sonst traute sich wohl niemand durch den Verhau der Handwerker. »Ich komme jetzt rein! Wenn du irgendwas tust, was mich nichts angeht, dann hörst du damit besser auf, Frau Bürgermeister.« Schon stand er grinsend im Zimmer, Evelyn war nicht zum »Herein«-Sagen gekommen. Wenn er so lachte, gab es womöglich keine Probleme. Oder war er, wenn er so lachte, womöglich dabei, sie zu überspielen? »Werden die Leute vom Schimmling heute vielleicht fertig?«, fragte sie hoffnungsvoll. Die noch anstehenden Spachtel- und Malerarbeiten konnten unmöglich so laut sein. Peter Pamel warf die Lippen auf. »Allerspätestens morgen, heißt es. Aber im Keller sind schon ewig diese feuchten Stellen. Da entwickelt sich womöglich noch Schimmel ...« Evelyn hatte nichts übrig für den Witz. Sie nickte. »Sag dem Vorarbeiter, er soll mal einen Blick darauf werfen und dann einen Vorschlag machen.« »Ich kümmere mich gleich, zwecks des Blicks und einem Befund.« Ein weiteres Ebbas. Bei Peter klang es, als handle es sich um eine ernste Krankheit. Nur wenig später hörte sie den Rumms und war sicher, dass die Lösung, für die man sich gerade ohne weitere Rücksprache mit ihr entschieden hatte, ganz ungünstig war. Evelyn rannte die Stufen, die sie kurz zuvor hinaufgelaufen war, wieder hinunter, kritisch beäugt von den Fotoporträts der ehemaligen Bürgermeister. Aber was es auch war, die Herrschaften blickten ja stets so wissend. Die Tür zu den Lagerräumen stand offen, eine rötlich-graue Wolke Ziegelstaub hing in der Luft. Was machten die da drinnen? Sie hielt sich eine Hand vors Gesicht und wedelte. Eine nackte Glühbirne funzelte von der Decke. Der erste Raum schien eher ein Durchgang zu sein, dahinter schloss ein zweiter, nur wenig größerer, an. Ein erster Blick zeigte auf der linken Seite ein langes Regal, unverrückbar, gefüllt mit Ordnern. Zwei vollgepackte Kisten hatte man ans andere Ende geschoben. Der Staub war dabei, sich zu setzen. Was immer dort aufbewahrt wurde, es würde anders aussehen als zuvor. Der Vorarbeiter, den es laut Peter nicht gab, stand mit erhobenem Vorschlaghammer und aufmerksamem Blick beim Geschehen. Auf Evelyn machte der Mann einen unbeirrbar entschlossenen Eindruck, als wäre er derjenige, der die Sache in der Hand hatte. »Sie hatten mein Vielleicht, meine Zustimmung in dieser Sache hatten Sie nicht!«, polterte Evelyn. Dafür, dass sich nur acht Steine aus der Wand gelöst hatten, war es ein ziemliches Gerumse gewesen. »Ein Vorschlag sollte es sein ... aber nicht der mit dem Hammer!« Sie sah den Arbeiter mit dem schweren Gerät in der Hand ungehalten an. Peter Pamel hatte sich hinuntergebeugt. Wollte er die Steine wieder einsetzen? Das wäre vielleicht nicht so verkehrt. Immerhin strömte kein Wasser aus der Öffnung. Das Leck, wenn es denn eines gab, war offenbar undramatisch. Er leuchtete mit einer Taschenlampe. »Wir müssen die Wand öffnen.« Offenbar fand er die Sache nicht undramatisch. Der Hauptamtsleiter war mit einem Mal geisterhaft bleich. Er zupfte an etwas herum, was er auf der anderen Seite der Wand entdeckt hatte. Der Arbeiter reckte den Hals, drehte den Holzstiel des Hammers und sah angeekelt aus. »Zefix, da drin hockt der Tod.«

Tamaril

Tamaril möchte unbedingt beim großen Turnier antreten, gegen die Söhne der Herzöge und Ritter, man munkelt, Prinz Arac wird auch dabeisein. Das Burgfräulein muss ein wenig üben – denn sie hat keine Ahnung vom Bogenschießen. Ihre Freunde aus dem Ort haben ihre Unterstützung zugesagt. Sie ist freudig gespannt. Ausgerechnet findet Melusine, ihre Kinderfrau einen Frosch in ihrem Bett und glaubt, Tamaril hat ihn dort versteckt, um sie zu ärgern. Melusine sperrt Tamaril im Turmzimmer ein. Tamaril hat einen Wunsch frei, weil sie Türmel, den Kobold entdeckt hat – und er erst verschwinden darf, wenn er ihr ihren Wunsch erfüllt hat. Tamaril will sich den Wunsch aufsparen, aber … Am folgenden Morgen ging Tamaril als erstes in den Pferdestall, zu Türmel. Der Kobold war gerade dabei, seine Decke und sein Kissen in einer Truhe im Stall verschwinden zu lassen. „Du überlegst sicher, ob du dir etwas wünschen sollst“, sagte Türmel. „Ich kann mir nur einmal etwas wünschen, und ein Wunsch ist nicht genug“, sagte Tamaril. Ihr sollte dringend etwas einfallen, nur was? „Warum nicht?“, fragte der Kobold neugierig. Tamaril erzählte ihm von ihrer Strafe. „Ich muss doch für das Turnier üben, wie soll ich das machen, wenn Melusine mich nach dem Unterricht im Turm festhält? „Oh weh!“ Türmels spitze Ohren hingen mit einem Mal schlaff herunter. „Was ist mit deinen Ohren?“, fragte Tamaril besorgt. „Quallenerbsen und Tausendschläfer, das passiert immer bei schlechten Nachrichten“, maulte er. „Es ist aber doch meine schlechte Nachricht“, sagte Tamaril. „Deine allerbeste Freundin war heute schon im Morgengrauen hier“, sagte Türmel. „Sie hat mich aufgeweckt. Um ein Haar wäre sie auf mich getreten.“ Tamaril konnte sich denken, warum Amiri so früh im Stall gewesen war. Ihre allerbeste Freundin hatte ihr eine Nachricht hinterlassen. Sicher irgendwo bei Funkel. Gestern blieb Amiri und Tamaril nur ein kurzer Abschied. Melusine hatte Tamaril nicht mehr aus den Augen gelassen, und sie hörte jedes Wort mit. Amiri hatte den Brief in der Satteltasche versteckt. Hoffentlich hat sich Melusine wieder beruhigt. Dir fällt bestimmt etwas ein, Tamaril. Dir fällt doch immer etwas ein. – Löwenohr und ich warten heute Nachmittag auf dich an der alten Brücke. Ihr fiel immer etwas ein? Für gewöhnlich stimmte das. Tamaril musste es unbedingt schaffen, aus dem Turm zu entkommen. Und wenn sie fliegen würde. Fliegen. Oder sich etwas wünschen, aber nur, wenn es wirklich nicht anders ging. Tamaril hatte Schwierigkeiten, sich heute auf den Unterricht zu konzentrieren. Wilibalt stellte die Frage jetzt schon zum dritten Mal; Tamaril hatte nicht zugehört, sie hatte keine Ahnung, was er gefragte hatte. Wenn ihr Lehrer noch öfter bemerkte dass Tamaril unaufmerksam war, würde er ihr drohen, es ihrem Vater zu sagen. Nicht das auch noch. Und so war Tamaril froh, als der Unterricht endlich zu Ende war. Sie hatte gehofft, ihren Vater vielleicht doch noch umstimmen zu können, aber Ritter Fero war offenbar ins Dorf geritten, es hieß, er wäre erst am Abend wieder zurück. Am Abend war es zu spät. Tamaril sah Melusine an, das sie mit ihr nicht über die Strafe zu reden brauchte. Die Kinderfrau war stinkig, da half auch keine Entschuldigung. In Melusines Hand klimperte der Schlüsselbund. „Das wird dir deine Späße schon austreiben“, sagte sie. Die Kinderfrau würde sie im Turm einsperren. Tamaril drängte die Tränen zurück und ließ sich auf ihr Bett fallen. Sie hörte, wie sich der dicke Schlüssel im Schloss drehte. Heute war ihr schönes Zimmer ein Gefängnis. Balduin und Lenz würden vergeblich auf sie warten. Wahrscheinlich dachten die beiden, Tamaril hätte kalte Füße bekommen, das Burgfräulein war doch nicht so mutig. Wenigsten wusste Amiri, warum Tamaril nicht kommen konnte. Eine Burg war eine Festung, aber es gab doch Fluchtwege, Geheimgänge. Auch wenn es so etwas gab, Tamaril wusste nicht, wo die sich befanden. Es gab niemanden, den sie danach fragen konnte. Ihr Hauslehrer wusste solche Dinge nicht, er wohnte nicht auf Burg Drachenspitz. Ihr Vater wusste es sicher, doch das war gerade nicht hilfreich. Denk nach, denk nach!, sagte sich Tamaril. Weit unter ihrem Fenster konnte sie den Burggraben sehen. Selbst wenn sie ein Seil hätte, es war unmöglich dort hinunter zu klettern. Sie lief im Zimmer herum und klopfte gegen die Wände. Es war sinnlos. Der Kobold wäre glücklich, wenn sie ihn rufen würde, um ihm ihren Wunsch zu sagen. Tamaril ging zu dem großen Gemälde hinüber, das auf einer Seite der Wand hing. Es zeigte eine lachende Lavina. „Mama, was soll ich bloß tun?“ Tamaril strich über den dicken Goldrahmen. Etwas klickte, und ihre Finger verschwanden in einer Vertiefung. Schnell zog sie die Hand wieder zurück. Mit dem Bild stimmte etwas nicht, aber es war zu dunkel, um etwas zu erkennen. Sie brauchte eine Kerze. Zum Glück waren in jedem Raum welche. Tamaril leuchtete mit der Flamme in die Vertiefung. Da war ein Riegel. Sie griff hinein und zog daran. Jetzt bewegte sich das Bild und die Wand schwang nach innen. Tamaril stand plötzlich in einem Gang. Sie biss sich auf die Unterlippe, um nicht laut loszujubeln. Ein Geheimgang. Man konnte in einem Bild verschwinden. , Melusine würde erst am Abend die Tür zu Tamarils Zimmer wieder aufschließen, aber sie musste dafür sorgen dass die Öffnung mit dem Bild sich wieder verschloss. Tamaril zog noch einmal am Riegel, die Wand bewegte sich zurück. Wenn in ihrem Zimmer der Zugang zu dem geheimen Gang war, musste es irgendwo auch einen Ausgang geben. Sie musste vorsichtig sein, sie wusste nicht, was sie erwartete.

Der Bulle vom Ammersee

Prolog Fünf Monate zuvor Launisch war nicht nur dieser April. Laura fröstelte, als sie in der mondbeschienenen Dunkelheit von der unebenen Wiese auf den Steg hinaus trat. Das Bootshaus auf der linken Seite warf einen Schatten, der den Eindruck vermittelte, da hätte jemand einen riesigen Schirm aufgespannt. Sie musste unter dem Schwarz hindurchtauchen, ehe sie wieder im Licht der Laternen stand. Der Mond nahm gerade zu, Lauras Angst auch. Die Alpträume hatten sich zurückgemeldet. Sie war schon einige Male aufgewacht und hatte panisch nach Luft geschnappt. Es war an der Zeit, eine Entscheidung zu treffen, aber genau davor fürchtete sie sich. Die kurze Strecke bis zum anderen Ende des Stegs schien ihr eine Herausforderung. Etwas schwankte – es war nicht die kleine Brücke. Kurz hielt sie sich am Geländer fest. Sie hatte nur ein bisschen getrunken, geglaubt, dann wäre es einfacher, das Verlustgefühl und die Gänsehaut in den Griff zu bekommen. Laura hatte sich getäuscht, beides war ihr nicht von der Seite gewichen. Unter ihr schwappte das Wasser des Ammersees gegen die Pfosten. Leichter Algen- und Fischgeruch drang ihr in die Nase. Sie hatte sich daran gewöhnt, sogar begonnen, den Seeduft zu mögen. Tagsüber vermischten sich sämtliche Geräusche, man nahm sie nicht bewusst wahr, doch in der Abendstille klangen die Wellen, als würden sie mit ihr flüstern. >Komm näher.< Laura machte ausholende Schritte über die Spalten zwischen den Brettern und versuchte das Schwarz darunter zu ignorieren. Ihr Atem ging schneller. Trotz der lauen Nachttemperatur war ihr kalt, sie hätte besser eine Jacke mitgenommen. Der See war eingerahmt von hunderten von Lichtern, die Stimmen und Laute weit weg. Ein paar Tage zuvor war ihr all das noch heimelig und wunderbar vorgekommen, aber das schöne Gefühl war verflogen. Im Café Seetang hatte sich heute ein Ehepaar am Nebentisch darüber unterhalten, wie viele Leichen der Ammersee schon für sich verbuchen konnte. Es wurde gewettet, wer mit seiner Schätzung der Totenzahl am nächsten kam. Lauras Erschrecken blieb unbemerkt. Wussten sie nicht, dass es Unglück brachte, Wetten über den Tod abzuschließen? Oder brachte es am Ende Unglück, auch nur über den Tod nachzudenken, denn dann dufte sie die Hand heben und Schuldig melden. Sie blickte auf die Schattenlandschaft hinaus, ging in die Knie und setzte sich auf das Holz, das die Wärme des Tages gespeichert hatte, lehnte mit dem Rücken gegen das Geländer. Dass sie die Beine angezogen hatte, als müsste sie sich klein und am besten unsichtbar machen, bemerkte sie erst, als ihr rechter Unterschenkel unangenehm zu kribbeln anfing. Sie sog die Luft tief ein und streckte ihre Beine aus, schlug eines über das andere. Irgendwo am gegenüberliegenden Seeufer wurde etwas gefeiert, sie hörte jemanden ein Happy Birthday anstimmen, dann klirrten Gläser, als miteinander angestoßen wurde. Ein Platschen, begleitet von einem Schrei. Laura zuckte zusammen. Gleich darauf wurde gejohlt und Beifall geklatscht. Sie schloss die Augen, biss sich auf die Lippen. Du bist dünnhäutig, sagte sie sich und rubbelte über ihre nackten Arme. Die Entscheidung, die sie von sich gefordert hatte, war vielleicht schon gefällt, darum auch die Alpträume, die intensiver wurden. Sie würde sich verabschieden – für immer. Sie wollte dafür gerade nur noch ein wenig Mut sammeln. Das Wasser des Sees schimmerte friedlich, als hätte sie ihn nicht schon vor Wut toben sehen. Laura drehte das Armband am linken Handgelenk. Die Diamanten glitzerten im Mondlicht. Sie öffnete entschlossen den Sicherheitsverschluss, ließ den Schmuck in ihre Handfläche gleiten. Sie beugte sich vor, holte weit aus … und zog die Hand im letzten Moment zurück. „Nein.“ ? 1 Mit der Schwerkraft verhält es sich wie mit dem Wahnsinn. Manchmal reicht schon ein kleiner Schubs. Musste es in aller Frühe schon zugehen wie auf dem Oktoberfest? So wach war er noch längst nicht. Ein Geräuschpegel jenseits von Gemütlichkeit. Im Frühstücksraum im Hotel Wassermann saß bereits die gesamte Filmcrew des Bullen vom Ammersee, wälzte Rührei, Speck und geröstete Zwiebeln auf den Tellern herum und trank Kaffee. Einige waren offenbar schon wieder im Aufbruch begriffen. Er warf einen Blick auf die Uhr. Na ja, er war ein Nachtmensch, da schaute er kurz vor acht generell noch etwas verschlafen aus der Wäsche. Viktor Lässig zog den Stuhl zurück, schlüpfte aus seiner Lederjacke und hängte sie über die Lehne. Mit einem ungnädigen Blick registrierte er die Pflanze auf dem Tisch. Schnell rutschte er die Vase samt der weißen Rose, die an seinem Platz über dem Gedeck stand, hinüber zu dem der Film Editorin, sie sich entweder gerade einen Nachschlag am Buffet gönnte oder noch selig schlummerte. Wenigstens keine rote Rose, diese Aussage kannte er und sie hätte ihn nervös gemacht. Aber er konnte die Dornengewächse, auch wenn sie noch so unschuldig aussahen, generell nicht leiden. HAUPTDARSTELLER hatte jemand in Großbuchstaben auf ein Kärtchen geschrieben und ein Herz aufgemalt. Er ließ sich auf den Stuhl fallen – die Sitzmöbel wurden gefühlt auch jedes Mal ungemütlicher, sie luden einen nicht wirklich zum Sitzen ein. Ich bin schnell wieder weg, sagte sich Viktor. Versöhnlicher Kaffeeduft drang ihm in die Nase. Auf dem Tisch standen drei Kannen davon. Er hatte die Hand schon ausgestreckt, da bemerkte er etwas. Was war das unter seinem Teller? Vier Ecken spitzten hervor. Viktor rieb seine Finger gegeneinander, als müsse er erst überlegen, ob er nachschauen wollte. Das Kuvert sah geheimnisvoll aus und wichtig. Allem Wichtigen misstraute er aus tiefstem Herzen und vor Geheimnissen hatte er einen Riesenrespekt. Er zog es vorsichtig unter dem Teller vor und klappte die Lasche heraus. Das Ding war nicht zugeklebt worden. Seine Finger griffen nach einer dünnen Karte. Der schwarze Rand ließ ihn an einen Todesfall denken. So in Etwa las es sich auch. Du willst nicht, dass dir etwas passiert? Keine unschuldige Frage. So was am frühen Morgen. Dann heißt es für dich, zu tun, was ich sage. Nenn` es dein Survivor Turnier. Und komm` nicht auf die unerquickliche Idee, etwas herausfinden zu wollen. Es ist kein Spaß. Morgen mehr … Überlebensturnier. Wie krank war das denn? Viktor rumpelte auf, ihm war heiß geworden. Vielleicht säße der Erpresser irgendwo im Raum. Freude bereitete es doch nur, wenn der Schreiber sah, wie sein Gruß angenommen wurde.

Der Teufel vom Chiemsee

Prolog München, Grünwald Der Abend des 26. September 1997 Florian hockte vor dem Fernseher und schaute eine Krimiserie, die er normalerweise nicht anschauen durfte, weil sie für einen Elfjährigen zu blutrünstig war. Doch heute kümmerten sich seine Mutter und sein Vater kein bisschen um sein Fernsehprogramm. Sie hatten andere Sorgen und starrten nur wie gebannt auf das Telefon. Die Angst ließ seine Mutter älter aussehen. „Warum Magda?“, flüsterte sie. „Wenn ihr etwas passiert … das überlebe ich nicht.“ Ihre Lippen bebten. Immer wieder strich sie den Zettel glatt. Er hatte im Briefkasten gelegen. ICH LIEBE EUCH – BITTE ZAHLT DREI MILLIONEN IN 20, 50 UND 100 MARK SCHEINEN UND FOLGT DEM PLAN. SONST WERDET IHR MICH NIE WIEDERSEHEN. Dazu die Warnung, keine Polizei einzuschalten. Seine Mutter glaubte, das rote Zeug zwischen den Zeilen wäre Blut. Florian verwünschte seine verwegene sechzehnjährige Schwester. Verdammt, Magda! Warum musste sie immer für irgendeinen Aufreger sorgen? Er hatte sich so auf eine Woche im Indianerlager in Eschenbach gefreut. Am Lagerfeuer sitzen, Würsten grillen mit dem Schlafsack im Zelt übernachten. Das konnte er jetzt vergessen. Manchmal wäre es richtig toll, ein anderer und nicht der Sohn eines reichen Verlegers zu sein. Dann würde auch niemand auf die Idee kommen, das Erpresserschreiben könnte echt sein. Den anderen Brief, den Florian in der letzten Woche aus Magdas Tasche gemopst hatte, der war echt, außerdem Zündstoff. Seine Eltern würden es nicht gut finden, dass ihr Nachhilfelehrer Magda schreibt, vor allem, was der schrieb. Seine Schwester war total verschossen in Sebastian Baumgart. Florian hatte heute nach der Schule beobachtet, wie Magda einen Rucksack packte und dann ohne ein Wort verschwand. Klar, dem jüngeren Bruder verriet man ja nichts, trotzdem, warum musste sie sich ausgerechnet diesen Tag aussuchen, um zu verschwinden. Konnte nicht einmal auch etwas für ihn gut ausgehen? Wenn sie nicht bald anrief, würde er den Brief herzeigen. Es war schon später Abend. Das Telefon schwieg noch immer. Florian ärgerte sich über dieses brütende Schweigen seiner Eltern, die tatsächlich auf einen Anruf des Entführers warteten. Magda hatte in der letzten Zeit einige seltsame Dinge gemacht, verraten hatte Florian sie trotzdem nicht. Aber jetzt … ihm reichte es! Papa legte den Arm um Mama, ihr Gesicht hatte inzwischen eine leicht gräuliche Färbung angenommen. „Magda ist zusammen mit ihrem Nachhilfelehrer abgehauen“, platzte Florian heraus. Seine Mutter holte aus und gab ihm eine gepfefferte Ohrfeige. „Jemand hat deine Schwester entführt!“ Sie schrie es fast. Überrascht und verletzt hielt Florian sich die Wange, drängte die aufsteigenden Tränen zurück und wandte sich ab. Blöder Brief, er würde ihn verschwinden lassen. Magda wünschte er aus tiefstem Herzen: Hoffentlich hat dir jemand übel den Mund gestopft. ? 1 Acidule = säuerlich Nacht lag über dem Chiemsee. Der Lärm ließ einen glauben, Einbrecher würden sich an Fenstern und Türen lautstark zu schaffen machen. „Ein solcher Sturm bringt meist etwas zum Vorschein“, sagte Priorin Jadwiga und zog mit einem entschlossenen Ruck die Vorhänge zu. Der Regen peitschte vom See her wütend gegen die Fenster des Büros. Das Kloster Frauenwörth hatte schon viele Stürme gesehen, es würde auch diesen überstehen. Im letzten Sommer hatte ein Sturm den Tod in einem alten Koffer zum Vorschein gebracht, woran sich Althea lieber nicht erinnern wollte. Sie hoffte, dieser würde einfach wieder weiterziehen, keinen dunklen Schleier lüften. „Wir müssen auf die Einladung reagieren“, unterbrach Jadwiga Altheas finstere Gedanken. Eine Einladung? Hatte Jadwiga sie deswegen her zitiert? Die Priorin winkte sie an ihre Seite hinter den Schreibtisch. Althea warf einen überraschten Blick auf die Nachricht, die Jadwiga gerade im Outlook Programm des Klostercomputers geöffnet hatte. Der Absender hatte die Mail mit Musik und einem animierten Gif unterlegt, in der ein pausbäckiger Engel in eine Posaune blies. Das Gedudel war grauenhaft. Der kirchliche Radiosender mit Namen die himmlische Fanfare lud eine Schwester der Benediktinerinnenabtei Frauenwörth zum Interview ein über den spannenden Alltag im Kloster auf der Fraueninsel zu berichten. Spannend und Alltag; eine etwas gewagte Kombination, wie Althea fand. Ihr schwante Übles … nicht grundlos. „Schwester Althea, ich wäre dir sehr dankbar, wenn du diesem besonderen Ruf folgen würdest.“ Althea riss überrascht die Augen auf. „Ich bin das schwarze Schaf in einer weißen Herde. Jadwiga, du kannst nicht wollen, dass ausgerechnet ich unser Kloster in dieser Radiosendung präsentiere“, sagte Althea. „Können wir die Nachricht bitte wieder schließen? Das Gedu … die Hintergrundmusik ist sehr eindringlich.“ Die Priorin nickte und es wurde wieder angenehm leise. „Schwarzes Schaf hin oder her. Es geht auch darum, scharfsinnige Antworten zu geben und darauf verstehst du dich“, parierte Jadwiga. Althea erkannte an deren zuckendem Mundwinkel dass es keinen Anklang fand, ihre Mitschwestern als eine Herde Schafe zu bezeichnen. Doch ehe sie dazu kam, dazu etwas zu bemerken, tat es Jadwiga. „Sei unbesorgt, ich werde dir keine Vorschriften machen, was du in der Sendung sagen sollst. Wenn möglich, zeige Initiative, sei gesprächig aber nicht allzu lässig.“ Althea brachte nur ein verkrampftes Lächeln zustande. Gehorcht dem Herrgott lieber, sonst sendet er euch Fieber. Es reimte sich, darum hatte sie es sich wahrscheinlich gemerkt. Viel zu dramatisch, Althea! Der Herrgott hatte mit dieser infernalischen Fanfare nichts zu schaffen, er brockte ihr so etwas nicht ein. Das war Jadwiga und Althea hatte keine Ahnung, wie sie aus dieser Sache wieder rauskommen sollte. „Vergiss es bitte nicht.“ Auf Jadwigas fragenden Blick setzte Althea hinterher: „Das mit der Dankbarkeit. Es bedeutet, ich habe etwas gut?“, fügte sie hinzu. Hoffentlich. „Wann ist dieser Termin?“ „Du hast die Nachricht nicht zu Ende gelesen“, schnaufte Jadwiga. Die schmetternde Posaunenfanfare hatte Althea verschreckt. „Im Oktober zum Erntedankfest heißt es hier.“ Jadwiga streckte eine Hand aus, sie wollte sich offenbar noch einmal vergewissern. „Nein“, tippte Althea ihre Finger an. „Ein guter Gedanke.“ Althea nickte eifrig. „Da wird der Acker vom Schicksal neu gepflügt.“ Jadwiga warf ihr einen seltsamen Blick zu. Wenigstens nahm sie die Hand von der Tastatur. Bis zum 1. Oktober war zum Glück noch ein wenig Zeit. „Womöglich gibt es da noch eine andere Kleinigkeit …“, begann Jadwiga erneut. „Noch eine andere Kleinigkeit“, wiederholte Althea beinahe tonlos. „Sie betrifft das Vermächtnis des verstorbenen Pfarrer Grandner.“ Jadwigas Blick fing den von Althea ein, es gab kein Entkommen. „Ich würde nicht sagen, dass ich den Pfarrer mochte“, gab diese zu. „Er war sehr eigenwillig, aber das bist du auch, und um den Pfarrer geht es nicht, sondern um seine Scleropages und die Abramites hypselonutus.“ Jadwiga lachte sie an. „Das ist natürlich ganz was anderes.“ Althea brauchte nicht zu sagen, dass sie keine Ahnung hatte, das konnte man ihr durchaus ansehen. „Der Herrgott wird es schon richten.“ „Wieso er, wenn unserem Pfarrer Grandner eine Ordensschwester genügt?“ Die Priorin war offenbar zu Scherzen aufgelegt. „Damit machst du mir wirklich Angst“, bekannte Althea. „Und rascheln nur die Zweige, dann rennt ihr fort ganz feige.“ Es reimte auch und war ebenso gruselig zu deuten. „So schlimm wird es nicht“, versprach Jadwiga. „Gute Nacht, Schwester Althea“, wünschte sie ihr. Die aber war sich dessen nicht so sicher.
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